NIESEWAND LOBT 213
zu ihm in sein Zimmer. Er lag im Bett. Er hatte einen heftigen Dysenterie-
anfall gehabt und sah noch blaß aus. Als Knesebeck mich ihm vorstellte,
reichte er mir die Hand und sagte mir, daß er in Hannover — er ist von
Geburt Hannoveraner — verschiedene Namensvettern von mir gekannt
hätte. Er fügte hinzu: ‚Es waren tüchtige Leute.‘ Er war ganz ruhig, schien
die Sache aber ernst anzusehen. In seinem Vorzimmer, wo Ordonnanzen
warteten, hieß es, daß uns die Franzosen den Rückzug auf Amiens ab-
geschnitten hätten. Einige hielten die Schlacht für verloren, falls uns die
16. Division nicht zu Hilfe käme.
Als wir zur Schwadron zurückkamen, die inzwischen rechts der Chaussee
nach PEronne zu, vor der Stadt neben unserer Batterie postiert worden war,
stand das Gefecht schon günstiger. Auf dem rechten Flügel hatten Achte
Jäger und ein Bataillon Dreiunddreißiger die Franzosen zurückgedrängt
und zwei Dörfer genommen. Bapaume wurde noch immer gehalten, von
zwei Batterien und dem zurückgeschlagenen Bataillon Dreiunddreißiger,
das übrigens das Dorf nur hatte aufgeben müssen, weil es alle Patronen
verschossen hatte.
Um zwei Uhr erschien, von den kämpfenden Truppen mit lautem Hurra
begrüßt, General von Goeben auf dem Schlachtfeld. Alle dachten, nun
kann es nicht mehr schiefgehen. Er setzte sogleich die Achten Jäger und
die famosen Dreiunddreißiger zum Sturm auf Tilloy an. Um der Infanterie
zu helfen, feuerte unsere Artillerie, bei der wir als Bedeckung standen, wie
verrückt. Um fünf Uhr wurde Tilloy genommen. ‚Hurra! Hurra!“ scholl es
über das Schlachtfeld. Etwas Schöneres als das preußische Hurra auf dem
Schlachtfeld gibt es auf der ganzen Welt nicht. Unterdessen war es Nacht
geworden, unsere Batterien schossen noch in ein paar vom Feind besetzte
Dörfer, die bald zu brennen anfıngen, was sich sehr malerisch ausnahm.
Das Resultat der Schlacht war schließlich ein ziemlich günstiges: Das Feld
war gegen vierfache Übermacht behauptet und vor allem Bapaume nicht
aufgegeben.
Wir kamen nicht ins Biwak, sondern in ein kleines, ganz verlassenes Dorf.
Zu essen hatten wir alle nichts als das bißchen Schokolade, das der eine oder
der andere bei sich führte. Am Vierten früh rückten wir aus und gingen ans
andere Ufer der Somme, nach Cappy, einem großen und reichen Dorf.
Unterdessen waren Bapaume und Albert von der 3. Kavallerie-Division
besetzt worden, während auch die 16. Division herangekommen war, bis
auf den Teil, der Peronne weiterbelagerte. Als wir abends absattelten, kam
der Herr Rittmeister, der oft schimpft und selten zufrieden ist, auf mich
zu und sagte mir: ‚Sie haben sich gut gehalten. Ihre unerschrockene
Haltung als Flügelunteroffizier war vorbildlich für den ganzen Zug.‘ Dabei
gab er mir die Hand.
General
v. Goeben