Goebens
Korpsbefehl
216 HINTER DIE SOMME ZURÜCK
hatte den Abschied erhalten. Als er bald nachher im Wrangelschen Salon
erschien, sah er sehr pikiert aus und hoffte offenbar, aus dem Munde des
Feldmarschalls einige tröstende Worte zu hören, vielleicht auch einen Tadel
über die Verabschiedung. Statt dessen begrüßte ihn in meinem Beisein der
Alte, nachdem er ihn nach seiner Gewohnheit auf beide Backen geküßt
hatte, mit den im breitesten ostpreußischen Dialekt vorgebrachten Worten:
„Mein Sohn, der Känig hat dir einen tichtigen Nachfolger jejäbn.““ Wegen
der zweiten Anekdote bitte ich meine Leserinnen um Vergebung. Der
Feldmarschall erschien im Palais des damaligen Kronprinzen, um zur
Geburt des dritten Sohnes, des später in jungen Jahren verstorbenen
Prinzen Waldemar, zu gratulieren. Die Eltern ließen das Kind herein-
bringen, und die Mutter legte den Säugling dem Feldmarschall in den Arm.
Der Kronprinz, der harmlose Scherze liebte, meinte, zum Feldmarschall
gewandt: „Was sollnun mein dritter Sohn werden ? Der älteste muß Soldat
werden, der zweite soll zur Marine. Ich denke, den dritten lasseich Kaufmann
werden.“ Darauf der alte Wrangel: „Besch... hat er mir schon.“
Am Abend des 3. Januar 1871 konnte General von Goeben in seinem
Korpsbefehl sagen: „Die Division Kummer, unterstützt durch das De-
tachement des Prinzen Albrecht, Königliche Hoheit, hat dem vielfach
überlegenen Feind gegenüber die Stellung bei Bapaume in glänzender Weise
behauptet.“ Aber die zum großen Teil in langen Kämpfen stehenden
Truppen der Division waren auf das Äußerste erschöpft. Den Batterien
begann es an Munition zu mangeln. Der Verlust der Division an diesem
schweren Tage belief sich auf zehn Offiziere und dreißig Mann tot, neunzehn
Offiziere und vierhundert Mann, zum Teil schwer, verwundet, hundert-
fünfzig Mann vermißt. Der General von Goeben beschloß, den Kampf am
nächsten Tage nicht weiter fortzusetzen, sondern die Truppen bis auf
weiteres hinter die Somme zurückzunehmen. Der General von Goeben
gehört zu den wenigen Menschen, die mir in meinem Leben wirklich
imponiert, die mir den Eindruck wahrer Größe gemacht haben. Als
Hannoveraner 1816 geboren, trat er mit kaum zwanzig Jahren in karlistische
Dienste und focht vier Jahre, von 1836 bis 1840, im spanischen Bürgerkrieg.
In der Armee wurde erzählt, daß er einmal, als er in die Hände der Christinos
gefallen war, um sein Leben hatte würfeln müssen. Ein anderes Mal war er
noch auf dem Richtplatz, als das Peloton, das ihn erschießen sollte, schon
angetreten war, durch eine Laune des feindlichen Führers begnadigt worden.
1842 trateerin preußische Dienste, wo seine Begabung bald auffiel. Ermachte
1849 den badischen Feldzug mit, war 1860 schon Oberst im Generalstab
und führte 1864 mit großer Auszeichnung bei Düppel und Alsen eine
Brigade. 1866 kommandierte er die 13. Infanterie-Division der Main-Armee.
1870 erhielt er, noch nicht vierundfünfzig Jahre alt, das VIII. Armeekorps.