Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

DER BEBRILLTE GENERAL 217 
Das Vertrauen, mit dem seine Untergebenen, von dem unter seinem Ober- 
befehl stehenden General und Oberst bis zum letzten Musketier, auf ihn 
blickten, war unbegrenzt. Dabei konnte man keinen einfacheren Mann 
sehen als den General von Goeben. Mittelgroß, meist in gebückter Haltung, 
so kurzsichtig, daß er eine Brille tragen mußte, sah er mehr nach einem 
Professor als nach einem General aus. Hinter dem unscheinbaren Äußern 
des Generals von Goeben stand ein stählerner Wille, eine unbeugsame 
Energie, ein durchdringender Verstand. Er hatte eine einzige Leidenschaft, 
das Spiel, das Hasardspiel. Im Kriege, wenn er führte, spielte er nie, aber 
wenn die Herren seines Stabes ein Jeu machten oder wenn er an einem 
Ruhetage Offiziere beim Spiel überraschte, konnte er stundenlang zusehen. 
Dieser große Feldherr und große Deutsche ist als Kommandierender 
General des VIII. Armeekorps, noch nicht vierundsechzig Jahre alt, 1881 
in Koblenz gestorben, wo ihm das wohlverdiente Denkmal errichtet wurde. 
Das 28. Infanterie-Regiment, mit dem das Königshusaren-Regiment im 
Kriege 1870/71 oft zusammentraf, trug in unserer alten ruhmreichen Armee 
für alle Zeiten den Namen: Infanterie-Regiment von Goeben. 
Am 4. Januar wurde der Abmarsch nach der Somme angetreten. 
Unser Regiment hatte die Weisung, am Feind zu bleiben. Eine Patrouille 
meiner Schwadron, in der ich unter Leutnant von Steinberg ritt, stieß 
nordöstlich von Bapaume auf der Straße nach Douai und Ecoust auf einige 
französische Infanteristen, die sich uns ergaben. Sie sagten uns, daß die 
Hauptmacht der französischen Nordarmee die Richtung auf Douai ver- 
lassen und sich nach Arras gewandt habe. Unsere 1. Eskadron wurde der 
30. Infanterie-Brigade zugeteilt. Zu dieser Brigade, die Generalmajor von 
Strubberg führte, gehörte das 2. Rheinische Infanterie-Regiment Nr. 28 
und das 4. Magdeburgische Infanterie-Regiment Nr. 77. Die Achtund- 
zwanziger kommandierte Oberst von Rosenzweig, die Siebenundsiebziger 
Oberst von Zglinicki. Die 30. Brigade belegte, nachdem wir bei Feuillers 
die Somme überschritten hatten, die abwärts gelegenen Ortschaften bis 
Belloy. Am 16. Januar schrieb ich aus Cappy bei Bray: „Tausend Grüße 
und besten Dank für Eure lieben Briefe und die mir von Papa übersandten 
zwanzig Napoleons. Hoffentlich geht es Euch so gut, wie ich von Herzen 
wünsche, in dieser für Euch wegen der lieben Bertha so schmerzlichen Zeit. 
Was sind alle Sorgen und Unbequemlichkeiten der Gegenwart gegen das 
Unglück, das jetzt vor einem Jahr über uns kam. Ihre Seele gefiel Gott 
wohl, darum nahm er sie bald aus diesem bösen Leben. Wenn die Zeit 
kommt, wo wir von Angesicht zu Angesicht schauen werden, werden wir 
wissen, warum. In diesem Leben werden wir es schwer fassen können. Mir 
geht es unberufen gut. Wir haben viele Patrouillen zu reiten über die Soemme 
nach Albert und Bapaume zu, fast jeden Tag resp. jede Nacht. Ich bin 
Abmarsch 
nach der 
Somme
	        
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