Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

Die Drei- 
unddreißiger 
228 EIN TRAUERTAG JÄHRT SICH 
Das Ostpreußische Füsilier-Regiment Nr. 33, neben dem wir Königs- 
husaren am häufigsten gefochten haben, war ein glänzendes Regiment. Die 
Dreiunddreißiger verdienten, daß ihr Chef der damalige Kriegsminister von 
Roon war, einer der größten Männer der preußischen und der deutschen 
Geschichte. Wie schon bei Gravelotte, so haben auch bei Bapaume und 
Saint-Quentin eine große Anzahl Offiziere und brave Füsiliere dieses 
Regiments ihre Treue für König und Vaterland mit ihrem Blute besiegelt. 
Bei Gravelotte hatten die Dreiunddreißiger neun Offiziere verloren, bei 
Bapaume gingen weitere fünf in den Tod. Der Oberstleutnant von Henning 
kommandierte die Dreiunddreißiger. Als ich ihn bei Bapaume und Saint- 
Quentin durch die Schützenlinie reiten sah, gingen mir die Schillerschen 
Verse über den Friedländer durch den Sinn: „,.... Ritt er Euch unter des 
Feuers Blitzen, auf und nieder mit kühlem Blut, durchlöchert von Kugeln 
war sein Hut.“ 
Am 24. Januar schrieb ich aus Sapignies bei Bapaume: 
„Liebste Eltern, tausend Dank für Eure freundlichen Briefe, die ich 
gestern erhielt und die mich durch ihre guten Nachrichten sehr erfreut 
haben. Besten Dank auch für die mir übersandten Zeitungen, Zigarren 
(drei Briefe und ein Paket), Schokolade, Handschuhe. Ich bitte Gott um 
Kraft für Euch in diesen jammervollen Tagen, wo unsere liebste Bertha 
erkrankte und starb. Morgen ist ja nun der Tag, der für uns alle immer der 
schrecklichste des Jahres sein wird. Wenn man sich in die Zeit vom 23. zum 
28. zurück versetzt, so begreift man nicht, wie man den Jammer überstehen 
konnte. ‚Ich leb’ mit tausend Freuden in meines Heilands Hand, mich 
rührt und trifft kein Leiden, so dieser Welt bekannt.‘ Das ist der einzige 
Trost. Was kann es Reineres und Engelhafteres geben als die Seele eines 
zwölfjährigen Mädchens, zumal eines so reich begabten, lieben, schönen 
und guten Kindes. Wenn ich sonst nicht an das ewige Leben glaubte, so 
würde ich um ihretwillen daran glauben. Je öfter und näher man den Tod 
sieht, um so größer wird die Überzeugung, daß er nur der Übergang zu 
einem anderen Leben sein kann, das besser ist als dies. 
Mir geht es gut. Wir sind von Gonnelieu vorgestern hierher marschiert. 
Aus Gonnelieu schrieb ich auch, wenn auch sehr eilig und darum sehr 
flüchtig, über den 18. und 19. Sapignies ist ein jämmerliches Dorf, gänzlich 
ausgefressen. Wir stellen jetzt Feldwache gegen Arras auf, vier Kilometer 
von hier. Ich werde sie wohl morgen haben. Reiten auch täglich Patrouille 
nach Arras, dieses soll von dreißigtausend Mann besetzt sein. Die Faid- 
herbesche Armee ist ja bei Saint-Quentin gänzlich geschlagen, entschieden 
auch in völliger Flucht auf Cambrai zurückgegangen. Doch hat man schon 
gesehen, daß die Franzosen sich schnell reorganisieren und neben dem 
Gesindel von Mobilgarden usw. einen Kern von guten Truppen haben,
	        
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