DER ÄLTESTE RITTMEISTER 229.
zumal aber ein famoses Gewehr, das sie freilich schlecht genug benutzen.
Gambetta soll in Lille sein. Ist es wahr, wird der Tanz wohl bald wieder
losgehen. Uns soll es recht sein, denn wir haben ja jetzt zwei Armeekorps,
sehr starke Artillerie, gute Positionen und einen famosen General. Die
Franzosen sollen Kavallerie haben. Wir alle brennen sehr darauf, ihr ins
Auge zu sehen. Die 4. Eskadron hat am 19. das Glück gehabt, auf Dragoner
zu attackieren. Zum Ersten kriegen wir Ersatz an Leuten und Pferden,
namentlich letzteres tut sehr not. Seit Metz haben wir zweiundfünfzig
Marsch- und einundzwanzig Ruhetage gehabt, von den letzteren über
zwölf mit Patrouillereiten usw., also nicht zu rechnen, von den ersteren
auch etwa zwölf bis fünfzehn derart, daß wir morgens bei Dunkelheit aus-
und abends bei Dunkelheit einrückten. Gefechte haben wir acht gehabt:
Mareuille, Amiens, Forges-les-Eaux (bei Rouen), Pont-Noyelles (2. Januar),
Bapaume, Tertry, Pouilly (18. Januar), Saint-Quentin. Wir haben nach
undnach.alles gehabt: Regen, Schnee und fabelhaften Frost. Am schlimmsten
war es wohl um Weihnachten, wo man es vor Kälte kaum aushalten konnte.
Jetzt ist es eigentlich milde. Ich habe hier verhältnismäßig ganz gutes
Quartier, Hühner genug, auch Wein, und befinde mich, wie gesagt, sehr
wohl. Neue Montierungsstücke brauche ich nicht.
Seit Metz hat das Regiment verloren: Schwerverwundect drei Offiziere,
ein Vizewachtmeister, drei Wachtmeister, vier Einjährig-Freiwillige; tot
ein Vizewachtmeister, ein Einjährig-Freiwilliger, vier Unteroffiziere; ge-
fangen fünf bis sechs Mann. Von den Husaren tot acht, zwanzig bis fünf-
undzwanzig schwerer verwundet. Mit Sanden soll es besser gehen. Viele
Empfehlungen an die Gräfin Wrangel (in gewählter Form) und Grüße an
ihren Sohn. Viele Grüße an Großmama in Plön. Tausend Grüße und beste
Wünsche von Eurem treuen Sohn.“
Wie Sapignies dem Grafen Max Pourtal&s Gelegenheit gegeben hatte,
sich hervorzutun, so wurde das Gefecht bei Tertry-Pouilly am 18. Januar
zum Ehrentag für Ferdinand Rudolphi, den ältesten Rittmeister des
Regiments. Er war der einzige Offizier, der schon in Posen beim Regiment
gestanden hatte und mit diesem 1852 in Bonn eingezogen war. Kaum ein
Jahr später wäre es ihm fast an den Kragen gegangen. König Friedrich
Wilhelm IV. besichtigte das Regiment. Sein Generaladjutant, der General
von C., richtete während der Besichtigung huldvoll einigermaßen banale
Fragen an die Offiziere. Den Leutnant Rudolphi frug er, ob er verheiratet
wäre. „Nein“, erwiderte der Gefragte, „‚aber ich schätze sehr die ehelichen
Freuden.“ Der General von C. huldigte, wie manche andere Herren der
Umgebung Friedrich Wilhelms IV., einer ausgesprochen pietistischen
Richtung. Die Antwort des Leutnants Rudolphi, die einem flotten Husaren
nur ein Mucker oder ein Pedant übelnehmen konnte, entsetzte den General
Ferdinand
Rudolphi