Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

230 HUSARENTEUFEL 
von C. Rudolphi würde den Abschied erhalten haben, wenn nicht der 
Regimentskommandeur, Graf Oriola, fest für ihn eingetreten wäre und 
damit dem Regiment einen Offizier erhalten hätte, der am 18. Januar 1871 
bei Tertry-Pouilly und am 19. Januar 1871 bei Saint-Quentin neuen und 
reichen Lorbeer um die Regimentsstandarte wand. Er vereinigte am 
ersteren Tage unter seinem Befehl die 2.und die 4. Eskadron. Als am 
18. Januar der Kommandeur der 29. Infanterie-Brigade, Oberst von Bock, 
dem Rittmeister Rudolphi den Befehl erteilte, die gegen unsere Batterien 
vorgehende feindliche Infanterie aufzuhalten, entschloß sich dieser sofort 
zur Attacke. Die feindlichen Infanterie-Kolonnen, Abteilungen von 
hundertfünfzig bis zweihundert Mann, marschierten auf der Straße von 
Caulaincourt nach Beauvois. Eine in derselben Richtung hinziehende 
Terrainsenkung benutzend, trabte der Rittmeister Rudolphi parallel mit 
dem Marsch des Feindes in Zugkolonne vor. In gleicher Höhe mit zwei 
Kompagnien angekommen, ritt er auf vierhundert Schritt zur Attacke an. 
Die Chausseegräben wurden von den Husaren genommen. Mit Hurra ging 
es in die feindlichen Reihen und durch sie hindurch. Die feindlichen 
Kolonnen werden vollständig überritten, ein Teil niedergehauen, der Rest 
ergibt sich. Weit über hundert Gefangene waren bereits gesammelt, als 
plötzlich neu hinzugekommene Kompagnien auf nächste Distanz heftiges 
Schnellfeuer auf die Schwadron abgeben. Unter diesen Umständen mußte 
Rudolphi sich schweren Herzens entschließen, die stattliche Schar Ge- 
fangener, von denen übrigens viele von den Chassepotkugeln ihrer Lands- 
leute niedergestreckt wurden, im Stiche zu lassen und sich dem Nahfeuer der 
immer zahlreicher herbeieilenden Feinde zu entziehen. Die Verluste der 
fünf Züge beliefen sich auf zwei Tote und vierzehn Verwundete. Das Pferd 
des Rittmeisters erhielt einen Schuß in den Rücken. Der brave Gaul trug 
aber seinen Reiter noch aus dem Feuer. Durch das „Marsch-Marsch“ in 
tief aufgeweichtem Boden, in den schweren, nassen Feldern waren die 
Husaren von oben bis unten mit Lehm und Schmutz überschüttet, so daß 
sie, wie Rudolphi sich nicht ohne Befriedigung ausdrückte, wie die richtigen 
Teufel aussahen. Nur die Offiziere, die vorausritten, waren sauber geblieben. 
Am folgenden Tage, dem Tage von Saint-Quentin, bot sich dem Ritt- 
meister Rudolphi die langersehnte Gelegenheit, sich mit den Franzosen im 
Reiterkampf zu messen. Als er am Morgen dieses Tages mit der Schwadron 
im schlanken Trabe aus Etreillers vorging, sah er drüben auf der Straße 
eine französische Eskadron von Roupy gegen Dallon erst langsam, dann 
immer schneller zurückgehen. Der Rittmeister Rudolphi war nicht gewillt, 
den Feind entkommen zu lassen. Imlangen Galopp ginger mit der4. Eskadron 
durch Savy und bog im Dorfe rechts ab auf einen Feldweg, der zur Straße 
Roupy-Saint-Quentin hinführt. Die feindliche Kavallerie verschwand
	        
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