Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

AUSFLÜGE NACH SEINE-BABEL 239 
für meine Mutter berechnet, die in jedem ihrer Briefe frug, wann ich zuletzt 
zur Kirche gegangen wäre. Einige Tage später schrieb ich: „Der Dienst ist 
ganz wie in der Garnison. Man rechnet bestimmt auf Frieden, doch wird alles 
vorbereitet für den Fall, dal es wieder losgehen sollte.“ 
Am 24. Februar. schrieb ich: „Nachdem man gestern annahm, es würde 
wieder losgehen, schien heute der Friede gesichert. Angeblich wollen wir 
Metz aufgeben. Bei der Armee findet ein solches Projekt natürlich wenig 
Anklang, lieber noch ein paar Wochen Krieg, zumal die Jahreszeit jetzt gut. 
Seit Ende Januar haben wir schönes Wetter. Seit vierzehn Tagen habe ich 
den Mantel nicht angehabt.‘“ Zu einer Wiederaufnahme der Feindselig- 
keiten sollte es nicht mehr kommen. Eine solche schien mehrfach nahe 
bevorstehend. Am Abend des 26. lief eine Stunde vor Mitternacht ein Tele- 
gramm des Generals von Moltke ein, daß der Waffenstillstand bis 
zum 12. März verlängert worden sei und daß die Friedenspräliminarien 
unterzeichnet worden wären. Seitdem exerzierten wir wieder zu Pferde und 
unternahmen auch Marschübungen. Bald begann ein vorläufig leichter 
Friedensdienst: Schwadronsexerzieren, Nachdressur der Augmentations- 
pferde. In den hellen und warmen Frühlingstagen war dieses Exerzieren an 
der Meeresküste eine Erholung. Da für die Dauer des Waffenstillstandes 
den Offizieren und Beamten aus den Kontributionsgeldern tägliche Zulagen 
von fünfzehn Francs bezahlt wurden, ging es in Abbeville hoch her. Viele 
von uns fuhren nach Paris, um der Stadt einen Besuch abzustatten, die 
während des Krieges von Victor Hugo La ville lumiere, in Deutschland das 
Seine-Babel genannt wurde. Am 6. März traf die freudige Botschaft ein, 
daß die Erste Armee von Seiner Majestät dem Kaiser und König besichtigt 
werden würde, der am 2.März ein anläßlich der Ratifikatıion der 
Friedenspräliminarien an seine Gemahlin gerichtetes Telegramm mit 
den in ihrer Bescheidenheit rührenden Worten geschlossen hatte: „Gott 
hat diesen ehrenvollen Frieden gelingen lassen. Ihm sei die Ehre, der Armee 
und dem Vaterland aus tieferregtem Herzen meinen Dank.“ 
Am 8, März erhielt ich meine Ernennung zum Leutnant. Vierzehn Tage 
vorher hatte ich an meine Eltern geschrieben: „‚Gestern bin ich zum Offizier 
gewählt und eingegeben worden. Der Oberst hat mich für die Verhältnisse 
und bei unserem Regiment ungewöhnlich rasch avancieren lassen. Vom Ge- 
freiten bis zum Offizier kaum vier Monate! Ich möchte, Vater schriebe ihm, 
um ihm für die Güte zu danken, die er für mich gehabt hat und hat. Er ist 
so sehr freundlich zu mir. Er ist einer der gescheitesten Leute, die mir vor- 
gekommen sind. Spricht über alles, sehr Grandseigneur, dabei sehr schnei- 
dig.“ In dem Brief, in dem Oberst von Lo& meine Beförderung zum Leut- 
nant meinem Vater mitteilte, hieß es: „Ich bin so glücklich, Euer Exzellenz 
benachrichtigen zu können, daß Seine Majestät der Kaiser die Gnade gehabt 
Die Friedens- 
präliminarien 
unterzeichnet 
Ernennung 
zum 
Leutnant
	        
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