Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

Platzmajor 
von Amiens 
General 
v. Ruville 
242 ZWEIHUNDERTFÜNFZIG TALER 
Hauptgegenstände beschreiben, nämlich: Goldattila, wie mein Einjährigen- 
Attila, nur mit Schnüren von Gold, mit Silber gewirkte Achselklappen, 
Tressen an den Ärmeln und Kragen, goldene Rosetten und geriffelte Knöpfe. 
Der Attila ist wunderschön, kostet aber leider siebzig Taler. Pantalon wie 
sonst, nur mit Tresse statt Litze. Stiefel auch mit Tresse und Rosetten vorn. 
Ich habe mir zwei Paar Stiefel kommen lassen, die ich schon in Bonn hatte. 
Interims-Attila habe ich mir alt, aber noch ganz gut, für fünfzehn Taler 
gekauft. Er ist hellblau mit weiß-und-schwarzen Schnüren. Beide Attilas 
passen mir sehr gut. Am teuersten ist das Komplett-Zeug und besonders 
die Schabracke. Ich kann sie aber nicht entbehren. Pelzmütze kostet 
zwanzig Taler, ist aber sehr schön. Schärpe ist von Silber mit zwei großen 
Quasten, Säbeltaschen mit in Gold gewirktem Namenszug. Beides ist sehr 
teuer, weniger Bandelier. Am billigsten verhältnismäßig Zaumzeug und 
Sattel. Die Equipierung wird ohne Pferde wohl auf zweihundertfünfzig 
Taler zu stehen kommen. Das liebste wäre mir, ich dürfte das kleine Legat 
dazu verwenden, das mir Onkel Martin ausgesetzt hat.‘ Ich war sehr be- 
müht, meinen guten Eltern unnötige Ausgaben zu ersparen, und damals in 
keiner Weise verwöhnt. 
Am 1. April wurde ich zum Platzmajor von Amiens ernannt. Ich schrieb 
darüber an meine Eltern: „Ich bin zur Kommandantur von Amiens be- 
fohlen, wo ich Platzmajor geworden bin, damit ist wenigstens gutes Essen 
und sehr gute Wohnung verbunden. Die Geschäfte sind nicht schlimm. 
General Ruville ist Kommandant, auch seine Frau ist hier, macht aber 
weniger Aufsehen, als sie wünscht. Adjutant ist Graf Talleyrand von den 
2. Garde-Ulanen, ein sehr netter Mensch. Um halb zwölf und halb sechs 
habe ich Vortrag beim General, gebe dann um ein Uhr und um acht Uhr 
den Kommandanturbefehl aus, Donnerstags und Sonntags gebe ich ihn auf 
der Wachtparade aus. Am meisten habe ich noch zu tun mit den französi- 
schen entlassenen Militärs, zumal seit sie uns grüßen sollen.“ 
Der General von Ruville, als strammer alter Offizier, der aus dem 
1. Garde-Regiment hervorgegangen war, hielt mit Strenge auf diesen Gruß. 
Wenn ein vorübergehender französischer Offizier ihn nicht grüßte, mußte 
ich den Unbotmäßigen verhaften. Dabei kam es bisweilen zu lärmenden 
Auftritten. Als ich wieder einmal einen unglücklichen französischen Offizier 
verhaften sollte, stürzte, sehr erregt, eine Dame auf mich zu und rief mir 
entgegen: „Homme cruel, vous n’avez donc pas de mere?“ Das Publikum 
schrie und tobte. Ich antwortete: „Mais, Madame, si je n’avais pas de m£re, 
comment voulez-vous que j’aie l’honneur et le plaisir de causer avec vous?“ 
Die Umstehenden lachten, und die aufgeregte Dame mit ihnen. Ernster 
lag der Fall bei einem französischen Offizier, der eine im Dienst befindliche 
Schildwache, die ihn im Bahnhofsgebäude einen verbotenen Korridor nicht
	        
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