Die Zerstörung
von Paris
246 DAS VERLANGEN NACH DER DIKTATUR
Auch in Amiens gärte es unter den Arbeitern. Der Maire von Amiens,
Monsieur Dauphin, mit dem ich die besten Beziehungen unterhielt, war
besorgt vor kommunistischen Unruhen. Er schrieb mir in diesem Sinne und
bat mich, solchen Unruhen durch strenge Überwachung und eventuelle
energische Repression kommunistischer Aufstandsversuche zu begegnen.
Als die Pariser Commune von Thiers mit der rücksichtslosen Energie
unterdrückt worden war, die in Frankreich bei inneren Konflikten meist
zur Anwendung zu kommen pflegt, erschien Monsieur Dauphin bei mir und
bat mich, ihm seinen Brief zurückzugeben. Wenn sein Schreiben je
bekannt würde, so wäre es um seine politische Zukunft geschehen. Ich habe
dem würdigen Manne sein Schreiben zurückgegeben, und er ist später mehr-
mals Minister gewesen, ohne daß das Damoklesschwert einer unliebsamen
Enthüllung über ihm geschwebt hätte.
Über den Eindruck, den die Pariser Commune zunächst in der Provinz
machte, schrieb ich Ende Mai: ‚„„Die Bauern freuen sich sehr über die Zer-
störung von Paris. Alle Welt verlangt nach einer rücksichtslosen und
eisernen Diktatur. Jeder sagt, Frankreich sei nie besser regiert worden als
von 1852 bis 1855, wo Napoleon III. ganz absolutistisch regierte wie sein
Onkel. Auch dem strengen Katholizismus wendet sich wieder die große
Menge zu, selbst in den Städten. Die Lebenskraft des Landes ist ungeheuer.
In zehn Jahren wäre ohne die fünf Milliarden der Krieg vergessen. Dazu
kommt, daß ihre Verluste doch nicht so groß sind wie die unseren, nament-
lich weniger Offiziere. Einjährige, Freiwillige usw. hatten sie ja überhaupt
nicht. Hier sind einige sehr nette Familien, wo ich viel verkehre. Im all-
gemeinen sind die Franzosen fanatische Preußenhasser oder gänzlich
indifferent gegen alles. Wie reich das Land ist, selbst hier in der Picardie,
die zu den ärmeren Teilen von Frankreich gehört, ist schwer zu glauben.
Dorf an Dorf, jeder Fleck Landes ist bestellt, die Gartenkultur z. B. so aus-
gebildet wie wohl nirgends bei uns. Bis auf drei bis vier Meilen in der Um-
gegend eine Villa an der anderen, alle mit dem größten Luxus eingerichtet:
Treibhäuser, Mistbeete, die schönsten Gazons, auf den kleinsten Be-
sitzungen Jagd und Fischerei. Montag aß ich in Belloy, dem Schloß eines
Barons Morgan, die schönsten Melonen, Erdbeeren und Bananen.“