Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

276 EINE FORDERUNG 
und für sich ohne größere Bedeutung, doch dazu beigetragen hat, die 
Lebensfreundschaft zwischen Francois Arenberg und mir zu einer unauflös- 
lichen zu machen. Nachdem wir einen Ausflug zu den Schlachtfeldern bei 
Metz unternommen hatten, suchten Philipp Arenberg und ich abends in 
Metz ein kleineres Restaurant auf, das von deutschen Offizieren frequentiert 
wurde. Uns gegenüber saß ein Hauptmann, der offenbar bezecht war. 
Nachdem er Philipp Arenberg in provozierender Weise fixiert hatte, erging 
er sich in Redewendungen über Duckmäuser, die in den Betstuhl gehörten, 
aber nicht unter Offiziere. Mein lieber Piel blickte traurig und ratlos um 
sich. Ich intervenierte, indem ich in scharfem 'Ton den Hauptmann darauf 
aufmerksam machte, daß ich sein Benehmen unanständig fände. Er 
entgegnete, daß er sich gar nicht an mir reiben wolle. Ich antwortete, ich 
verlangte, daß man sich in einem von mir besuchten Lokal und noch dazu 
gegenüber einem Freund von mir anständig benehme. Im übrigen würde 
ich ihm am nächsten Morgen meine Sekundanten schicken. Der so Ab- 
gefertigte entfernte sich. Als Piel und ich wieder in unserer gemeinsamen 
Wohnung eintrafen, fiel der Gute mir weinend um den Hals, um mir zu 
gestehen, warum er dem ihn beleidigenden Hauptmann nicht in gleicher 
Tonart geantwortet habe. Er habe ebensoviel Mut wie irgendein Offizier 
und sei jeden Augenblick bereit, sein Leben einzusetzen, um einen 
Menschen zu retten oder bei schwerer Ansteckungsgefahr Kranke zu 
pflegen. Aber ein Duell könne er nicht mit seinen religiösen Anschauungen 
vereinigen, schon weil die Möglichkeit ihn entsetze, vielleicht ohne letzte 
Sakramente und ohne Absolution von dieser Erde zu scheiden. 
Wie dies bei Duellen zu sein pflegt, verging der nächste Morgen in 
endlosen Verhandlungen zwischen dem Sekundanten des Gegners von 
Philipp Arenberg und meinem Sekundanten, einem schneidigen Rittmeister 
von dem damals in Metz stehenden Dragoner-Regiment Nr. 10. Die Sache 
endigte damit, daß der Beleidiger Philipp Arenberg um Vergebung bat und 
erklärte, er habe niemals beabsichtigt, diesem ausgezeichneten Kavalier 
zunahezutreten, worauf ich meine Forderung zurücknahm. Am nächsten 
Tage sagte mir Franz Arenberg, er würde mir mein Eintreten für seinen 
Bruder niemals vergessen. „Desormais entre nous c’est äla vie et ala mort.“ 
Er hat sein Wort gehalten.
	        
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