Beim Metzer
Bezirks-
präsidium
284 GRAF BOTHO EULENBURG
Die Prinzessin Anton Arenberg war eine Nichte des Grafen Charles
Montalembert, des großen Führers der französischen Katholiken unter
Napoleon III. Sie war die Kusine des Monsignore Friedrich Xaver Merode,
der in der belgischen Armee gedient, dann in der französischen Armee unter
dem Marschall Bugeaud in Algier zwei Feldzüge mitgemacht und sich die
Ehrenlegion erworben hatte. Dann ging er nach Rom, studierte dort Theo-
logie, wurde zum Priester geweiht, päpstlicher Kämmerer und Mundschenk
und 1860 Kriegsminister des Papstes Pio IX und einer der streitbarsten
Verfechter der weltlichen Herrschaft des Römischen Stuhles. 1865, nach
der französisch-italienischen Konvention vom 15. September 1864 als
Kriegsminister entlassen, starb er 1874 als Erzbischof von Mytilene in
partibus und päpstlicher Großalmosenier. Die Prinzessin Anton Arenberg
war die Tante des Grafen de Mun und des Grafen Werner de Merode, die in
den Kämpfen der französischen Katholiken gegen die kirchenfeindliche
Politik von Jules Ferry, Gambetta, Clemenceau, Briand und Combes in
vorderster Reihe standen. Man konnte von meinem lieben Franz Arenberg
sagen, daß er seinen feurigen, aber stets von edelster Gesinnung getragenen
und in vornehmer Weise vertretenen Katholizismus mit der Muttermilch
eingesogen hatte.
Am 1. März 1873 wurde ich von meiner Tätigkeit am Landgericht ent-
bunden und dem Kaiserlichen Bezirkspräsidium in Metz zur ferneren Be-
schäftigung überwiesen. Hier trat ich unter die Leitung eines Mannes, der
sich später zu einem unserer tüchtigsten Staatsmänner entwickeln sollte.
Dem Grafen Botho Eulenburg, dem damaligen Bezirkspräsidenten von
Lothringen, war, wie manchem Ostpreußen, eine zurückhaltende, äußerlich
kühle Art eigen. Aber er war in seinem Innersten ein Mann von echter
Herzensgüte und feinstem Empfinden. Seine Gegner nannten ihn mit der
dem deutschen Parteikampf anhaftenden Ruppigkeit den ‚Aal‘, und wenn
sie besonders boshaft sein wollten, den „geölten Aal“. In Wirklichkeit war
er ein Mann von Grundsätzen und festem, sicherem Charakter, aber er war
zu klug, um nicht zu wissen, daß ein Volk wie unser Volk, das seit jeher zu
Eigensinn und Rechthaberei neigt, mit elastischer Hand geführt werden
muß. Er war ein Staatsmann. Ich will schon hier vorgreifend sagen, daß
Graf Adolf von Arnim-Boitzenburg, der ihm noch zur Zeit meiner
Tätigkeit in Metz im Amte folgte, wenn er auch nicht die glänzende Be-
gabung des Grafen Botho Eulenburg besaß, doch durch seine frische und
natürliche Art und seinen gesunden Menschenverstand sich bald Achtung
und Vertrauen erwarb. Auch er war ein sehr gewissenhafter und tüchtiger
Beamter. Seine jung verstorbene, reizende Frau, eine Gräfin Schweinitz,
trug dazu bei, ihm bei Deutschen und Einheimischen Sympathien zu
gewinnen.