Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

290 DIE GOLDENE REGEL 
mit seinen Kompensations-- und Annexions-Vorschlägen gegenüber 
Bismarck. 
Klarer, knapper Stil, nicht zu breit, sachlich, aber nicht ledern. ‚Tous 
les genres sont bons hors le genre ennuyeux“, sagte Voltaire. Allzu oft ver- 
gißt es der Deutsche. 
Erste Pflicht des Diplomaten ist, sich nicht überraschen zu lassen. In 
der Politik herrscht steter Wechsel, alles fließt. Laß deiner Phantasie nicht 
die Zügel schießen. Mache nicht aus jeder Mücke einen Elefanten. Aber 
halte ungefähr alles für möglich, wenig für sicher. Vor allem emballiere dich 
nicht. Unseres Lebens schwer Geheimnis liegt zwischen Übereilung und 
Versäumnis. 
Die Hauptaufgabe des Diplomaten im Ausland bleibt stets, was Fürst 
Bismarck die Arbeit in Menschenfleisch nennt, d. h. die richtige Behand- 
lung der Fremden, um greifbare, tatsächliche Erfolge zu erzielen. Also 
Fühlung mit den Kollegen halten, nicht als Loup-garou in seinen vier 
Wänden hocken. Aber sich auch nicht von den Kollegen anlügen oder aus- 
beuten lassen. Pas trop de zele ist, richtig verstanden, eine goldene Regel.
	        
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