Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

Berliner 
Salons 
XXH KAPITEL 
Berliner Geselligkeit im Winter 1873/74 « Die Salons: Gräfin Perponcher, Frau von Prill- 
witz, Mimi Schleinitz, Gräfin Luise Benkendorf, Cornelia Richter-Meyerbeer » Oberst- 
kämmerer Graf Wilhelm Redern » Diplomatisches Korps » Die Bonbonnitre « Weimar 
und Potsdam » Sommer am Pfingstberg und in Potsdam 
enn ich auch nicht, wie mir Herr von Brincken geraten hatte, den 
Schwerpunkt meiner Berliner Tätigkeit im Besuch des Kasinos und 
möglichst vieler Bälle suchte, so ging ich in diesem meinem ersten Berliner 
Winter doch viel aus und tanzte viel. Von den Scheußlichkeiten des Two- 
step, des Foxtrott und des Jimmy war noch nicht die Rede. Den Höhe- 
punkt der Berliner Wintersaison 1873/74 bildete ein Ball in der neueröf- 
neten Passage zwischen den Linden und der Friedrichstraße, zu dem der 
Kaiser sein Erscheinen zugesagt hatte. Ich gehörte mit dem Prinzen Fried- 
rich von Hohenzollern, dem Grafen Konrad Kanitz, dem Adjutanten des 
Prinzen Georg von Preußen, mit dem Prinzen Heinrich XVIII. Reuß und 
dem österreichischen Botschaftsrat Baron Münch dem Komitee an, das den 
Ball organisierte und arrangierte. Lady-Patronesses waren die österreichi- 
sche Botschafterin, die schöne Gräfin Franziska Kärolyi, eine der drei 
Schwestern Erdödy, die in Wien die Götterkinder genannt wurden, die 
Gräfin Wanda Perponcher, die Frau des Hofmarschalls Seiner Majestät, 
und Marie von Schleinitz, die Gattin des Hausministers. Der Kaiser blieb 
bis gegen Mitternacht. Wir tanzten bis drei Uhr. Wenige werden heute noch 
das Licht der Sonne schauen von denen, die bei diesem glänzenden Fest 
lachten und flirteten, die würdige Quadrille, den noch würdigeren Lancier, 
den raschen Galopp, die graziöse Polka, den geistigsten und darum ästhe- 
tischsten aller Tänze, den Walzer, tanzten. Oü sont les neiges d’antan? 
Es gab in Berlin damals noch Salons. Über den Salon der Gräfin Wanda 
Perponcher und ihrer Schwester, der Frau von Prillwitz, ist viel 
Falsches verbreitet und geglaubt worden, seitdem die „Nouvelle Revue“ 
der chauvinistischen Juliette Lamber, alias Madame Adam, ihre Aufsätze 
über die „Societ& de Berlin‘ veröffentlicht hatte. Wer war der Verfasser 
dieses Pamphlets? Von Anfang an richtete sich der Verdacht auf den fran- 
zösischen Vorleser der Kaiserin Augusta, Monsieur Gerard. Für deutsche
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.