MIMI SCHLEINITZ 307
Ein Versuch, seine Ehe mit der Gräfin Mathilde Götzen annullieren zu
lassen, um eine zweite Ehe zu schließen, wurde von der Kurie abgelehnt.
Ne bis in idem. So trat er rasch entschlossen aus der katholischen Kirche
aus und zu der damals neugegründeten Sekte der Deutschkatholiken, der
Lichtfreunde, über, die keinen Anstand nahm, seinen zweiten Lebensbund
einzusegnen. Er wurde exkommuniziert, hat aber nach dem Tode seiner
ersten Gattin den Rückweg zur Kirche gefunden. Il y a des accomodements
avec le ciel. Aus der Ehe Hatzfeldt-Nimptsch stammten der spätere Herzog
von Trachenberg und die Gräfin Hermine Hatzfeldt, die nacheinander den
ungarischen Grafen Eduard Telecki und, nachdem sie sich von ihm hatte
scheiden lassen, den siebenbürgischen Baron Emil Henning-O’Caroll von
Elye-O’Caroll und Oriell heiratete und nach der Trennung auch von ihrem
zweiten Gatten schließlich in der Nähe von Venedig, in dem kleinen Orte
Mestre, in freier Liebe mit einem Gondoliere hauste. Die Fürstin Marie
Hatzfeldt, geborene Nimptsch, brachte aus ihrer Ehe mit Herrn von
Buch eine Tochter mit, die ihrerseits in erster Ehe den Hausminister
von Schleinitz, nach dessen Tode den österreichischen Botschafter in
St. Petersburg und Paris, den Grafen Anton Wolkenstein, heiratete. Damit
hoffe ich diesen Rattenkönig entwirrt zu haben. Um zu zeigen, wie ver-
wickelt die Verhältnisse im Hause Hatzfeldt lagen, erwähne ich noch, daß
Frau Franziska von Lo& als Frau von Nimptsch gleichzeitig die Schwägerin
und die Stieftochter der Fürstin Marie Hatzfeldt war. Mein Freund Guido
Nimptsch konnte sich rühmen, der Enkel und der Neffe des alten Fürsten
Hermann Hatzfeldt zu sein.
Marie von Buch hatte, ehe sie 1865 Schleinitz heiratete, mit ihrer Groß-
mutter, Frau von Nimptsch, geborener Gilgenheimb, zwei Winter in Paris
verlebt. Man nannte die beiden Damen dort „La jeune Buche et la vieille
Nymphe“. Bei ihrer Vermählung zählte la jeune Buche fünfundzwanzig,
Schleinitz achtundfünfzig Jahre. Es lag auf der Hand, daß die bösen
Zungen Berlins sich mit diesem Mißverhältnis beschäftigten. Man erzählte
sich, daß Mimi, so wurde die junge Gattin schon damals allgemein genannt,
am Morgen nach dem Hochzeitstage etwas enttäuscht zu ihrer Mutter ge-
sagt habe: „Das ist also das berühmte Heiraten!“ Sie war eine nicht
unbedeutende Frau. Um mit ihren guten Eigenschaften anzufangen, war
sie, wie das ihre Abstammung mit sich brachte, eine echte Preußin und ist,
als sie 1885 einen österreichischen Diplomaten, den Grafen Anton Wolken-
stein, damals Botschafter in St. Petersburg, später in Paris, heiratete, eine
solche geblieben. Preußin und Protestantin, hat sie sich zu ihrem Preußen-
tum und zu ihrem Protestantismus in Paris wie in Wien stets offen bekannt.
Sie war ein Charakter. Das bewies sie gegenüber Richard Wagner,
dessen Sache sie in unerschütterlicher Treue anhing, für dessen Bayreuther
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