Gräfin
Benkendorf
308 BAYREUTH UND BEIRUT
Pläne sie mit unermüdlichem Eifer Propaganda machte. Und es war ihr
zu verdanken, daß Kaiser Wilhelm I. die erste Aufführung des Nibelungen-
Ringes in Bayreuth besuchte. Sie hat dem alten Kaiser keine Ruhe gelassen,
bis er hinfuhr, obwohl ihm, wie er selbst offen zugab, für die Zukunftsmusik
das Verständnis fehlte. Es gelang ihr, in ihrem Berliner Salon Bayreuther
Patronatsscheine auch bei ganz unmusikalischen, aber zahlungsfähigen
Persönlichkeiten zu placieren. Sie verstand es, den türkischen Gesandten
zu überreden, zehn Patronatsscheine für den Sultan zu nehmen. Als mein
Vater den Gesandten nachträglich frug, wie es ihm gelungen sei, den Padi-
schah zu solcher Munifizenz für das deutsche Unternehmen in Bayreuth zu
bewegen, erwiderte dieser unbefangen: „Ich habe dem Sultan geschrieben,
daß es sich um ein Opernunternehmen in Beirut handle, und dafür hat er
großmütig gegeben.“
Neben großen Eigenschaften besaß Mimi Schleinitz auch große Fehler.
Sie war manieriert in Haltung, Mienenspiel, Sprache, in der ganzen Art,
sich zu geben, oft auch in ihren Gedankengängen. Die ‚„Precieuses ridi-
cules‘“ von Moliere würden sie als Schwester begrüßt haben. Sie war sehr
eitel, in einer Weise, die bisweilen den Spott herausforderte. Wie die
meisten eitlen Menschen war sie eifersüchtig, um nicht zu sagen neidisch.
Als einmal ihre Freundin Cornelie Richter ihr sagte, sie litte an heftiger
Migräne, antwortete Mimi: „Ich habe auch Migräne.“ Der Gedanke war ihr
schmerzlich, daß ein anderer etwas hätte, womit sie nicht aufwarten könne.
Mimi Schleinitz hat oft versucht, in ein freundliches Verhältnis zu Bis-
marck zu kommen und dadurch eine Versöhnung zwischen ihm und ihrem
Gatten anzubahnen. Bismarck hat auch Ende der siebziger Jahre einmal
im Hause Schleinitz gegessen. Nach Tisch brachte ihm Mimi seine lange
Pfeife, stopfte sie selbst und zündete sie mit einem Fidibus an. Aber Bis-
marck war, wo er einmal haßte, nicht leicht wirklich zu versöhnen. Wenige
Tage später brachte ein Bismarck nahestehendes Blatt einen Artikel gegen
Alexander von Schleinitz, der nicht weniger scharf war als frühere. Der alte,
kluge Gerson Bleichröder pflegte zu sagen: „Der Fürst ist wie unser Gott
Jehova, der da heimsuchet die Missetat ohne Barmherzigkeit bis ins dritte
und vierte Glied.“
Ein anderer Berliner Salon, der aber viel banaler war als der Salon
Schleinitz, war der Salon der Gräfin Luise Benkendorf, geborenen Croy.
Sie war die Tochter eines preußischen und die Witwe eines russischen
Flügeladjutanten. In ihrem Salon verkehrten namentlich Diplomaten. Sie
hatte am Tage nach dem Siege von Sadowa ein enthusiastisches Glück-
wunschtelegramm an den Sieger der Schlacht, den alten König Wilhelm,
gerichtet. Der König, dem es in keiner Weise an Witz, noch weniger an
Humor fehlte, erwiderte ihr: „Je vois avec plaisir que mes victoires ont