Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

Aus dem Di- 
plomatischen 
Korps 
344 DER DAMENKRIEG 
Kenntnis des Fürsten Bismarck gekommen. Als nun Herr von Schweitzer 
bei einem Hofball im Berliner Schloß auf die unglückliche Idee kam, sich 
dem großen Kanzler vorzustellen, apostrophierte ihn dieser mit den Worten: 
„Sie sind also der Mann, der gemeinsam mit Ihrer Majestät der Kaiserin 
und Königin und Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Großherzogin Luise 
von Baden meiner nach bestem Wissen und Gewissen geführten Politik 
beständig Schwierigkeiten macht und trotzdem die Un... Un... Un- 
verfrorenheit hat, in den diplomatischen Dienst des Reichs eintreten zu 
wollen. Aber ich werde mir diese Intrigen nicht länger gefallen lassen!“ 
Schweitzer, ein ungewöhnlich höfliches, sehr ängstliches Männchen, war ob 
dieser Anrede so erschrocken, daß er den Chapeau claque, den er in der 
Hand hielt, fallen ließ. Mit einiger Mühe gelang es den Gönnern des Herrn 
von Schweitzer, den Fürsten davon zu überzeugen, daß der Arme wirklich 
nicht am Sturze des großen Ministers arbeite, und so kam er denn als 
Zweiter Sekretär an die Gesandtschaft in Rom, wo er mit dem Mundieren 
Keudellscher Berichte nützlich beschäftigt wurde. Wenn der Name des 
Fürsten Bismarck in seiner Gegenwart genannt wurde, so überkam ihn 
noch immer ein gewisses Unbehagen. Herr von Hasperg war ein Sohn der 
Freien und Hansestadt Hamburg, wo er es in dem Hamburger Kontingent 
der Bundestagszeit bis zum Major gebracht hatte. Durch freundliche Für- 
sprache Hamburger Gönner, die Beziehungen zu einflußreichen Berliner 
Stellen hatten, war es ihm gelungen, der römischen Mission attachiert zu 
werden. Wie viele Hamburger, war Hasperg ein großer Feinschmecker. Er 
war namentlich stolz auf seine Rotweine, die auch wirklich sehr gut waren. 
Als er einmal die Ehre hatte, den Prinzen Friedrich Karl, den großen Feld- 
herrn, bei sich zu Tisch zu sehen, setzte er ihm einen Lafitte vor mit den 
Worten: „Den Wein müssen Eure Königliche Hoheit aber mit Verstand 
trinken !“ 
Im römischen Diplomatischen Korps wurde viel geklatscht. Mein geist- 
reicher Freund, Herr von Villers in Wien, pflegte zu sagen, geklatscht wird 
in jedem Korps, im Corps de Ballet so gut wie im Diplomatischen Korps. Der 
Klatsch im römischen Diplomatischen Korps drehte sich damals vielfach 
um den Streit der russischen Gesandtin, Frau von Uexküll, und der 
englischen Gesandtin, Lady Walburga Paget. Frau von Uexküll war in 
erster Ehe mit dem Legationssekretär von Glinka verheiratet gewesen, hatte 
sich aber von ihm scheiden lassen, um seinen Chef, den Gesandten Uexküll, 
zu heiraten. Lady Paget hatte die Baronin Uexküll schon als Frau von 
Glinka viele Jahre gekannt, verlangte aber, daß sich diese, nachdem sie 
nunmehr ihre Kollegin geworden sei, ihr noch einmal vorstellen lassen 
müsse, was Frau von Uexküll als eine Demütigung ablehnte. Lady Paget, 
eine Preußin, eine Gräfin Hohenthal, war übrigens allgemein unbeliebt. Wie
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.