Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

Bismarck als 
xXXUI. KAPITEL 
Bismarck und Gortschakow » Unterzeichnung des Berliner Vertrages (13. VII. 1878) 
Schuwalow und Gortschakow » Geheimrat von Holstein - Verlobung im Hause Bis- 
marck » Biarritz, Dr. Adhe&ma » Lektüre 
s waren große Tage, die Berlin damals, 1878, sah und die alle mit einer 
Selbstverständlichkeit erlebten, als könne das Deutsche Reich nie 
Dirigent anders als mächtig, gefürchtet und achtunggebietend vor der Welt dastehen. 
Oppert- 
Blowitz 
Fürst Bismarck präsidierte dem Kongreß mit technischer Meisterschaft. 
Was Antonio in Goethes „Tasso“ vom Papst rühmt, daß er das Kleine 
klein, das Große groß sehe, galt für Bismarck bei seiner Leitung der Ver- 
handlungen des Berliner Kongresses. Er übersah nichts Wesentliches und 
hatte für jede begründete Frage oder Vorstellung ein aufmerksames Ohr. 
Alles Unnötige, Störende, Zeitraubende, Verschleppende wußte er abzu- 
wehren, nötigenfalls mit Nachdruck. „Fürst Bismarck führt den Kongreß“, 
sagte mir einer der englischen Sekretäre, „wie ein sehr guter Kutscher 
seinen Viererzug fährt. He is a most skilful whip.““ Auch wenn sich Bismarck 
der französischen Sprache bediente, war er der große Debatter, dem in 
deutschen Parlamenten an Schlagfertigkeit und Prägnanz des Ausdrucks 
keiner gleichkam. Alle Teilnehmer am Kongreß waren sich darüber einig, 
daß der verhältnismäßig rasche Gang der Beratungen und ihr Abschluß 
der überragenden Autorität und Persönlichkeit des Fürsten Bismarck zu 
verdanken waren. 
Es ist schmerzlich, zu denken, daß trotz solcher Meisterschaft der Leitung 
der Berliner Kongreß alles in allem unsere Gesamtlage verschlechtert und 
unsere Zukunft nicht vorteilhaft beeinflußt hat. Das war vor allem auf die 
senile Empfindlichkeit und Eitelkeit von Gortschakow, aber auch auf 
dessen schlechte Behandlung durch Bismarck zurückzuführen. Besonders 
ungünstig wirkte in dieser Beziehung ein Interview, das Bismarck auf Be- 
treiben des seit jeher russophoben Holstein dem für die Dauer des Kon- 
gresses nach Berlin entsandten „Times“-Korrespondenten in Paris, Herrn 
Blowitz, bewilligte. 
Blowitz war ein Journalist im großen Stil und jedenfalls einer der 
findigsten und gewandtesten Publizisten, die mir vorgekommen sind.
	        
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