Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

32 AN DER ALSTER 
gibt es, wenn es wohl und friedlich steht, in der Messen eine tüchtige Anzahl 
Volks, aber zu Hamburg ist schier täglich Meß.“ In Frankfurt dominierte 
der kluge Bankier, der in französischen, spanischen und österreichischen 
Werten spekulierte, in Hamburg der ehrbare Kaufmann, dessen Leben sich 
zwischen seinem der Straße zugewandten Kontor und seinem Speicher am 
Fleet abspielte. Aber die Hamburger Schiffe, an deren Mast die Hamburger 
Flagge mit der silbernen dreitürmigen Burg auf rotem Grund flatterte, 
trugen die Waren seines Speichers in alle Weltteile. Hamburg war eine 
Welthandelsstadt. 
Auch uns Kindern erschien Hamburg nicht nur durch seinen Hafen und 
seine Schiffahrt, sondern auch als Stadt stattlicher, glänzender als Frankfurt. 
Der Jungfernstieg war doch noch schöner als die Zeil. Und wenn sich abends 
tausend Lichter aus den Patrizierhäusern in der Flut der blauen Alster 
spiegelten, gedachten wir der bekannten Anekdote, die der Hamburger gern 
erzählte, wenn er einem Buten-Minschen, d.h. einem Nicht-Hamburger, 
imponieren wollte. Ein deutscher Fürst habe, so hieß es, als er am Abend 
staunend die hell erleuchteten Häuser an der Binnenalster erblickte, an- 
genommen, daß die Freie Hansastadt Hamburg sein Eintreffen durch eine 
Illumination begrüße, und seinen Kammerherrn zu dem Hamburger 
Bürgermeister gesandt, um ihm für die freundliche Aufmerksamkeit zu 
danken. Lächelnd habe der Bürgermeister erwidert, solche Illumination der 
Alster finde an jedem Abend statt. Die Hamburger illuminierten aber nicht 
für fremde Potentaten, sondern für das Vergnügen der Bürgerschaft. Sie 
haben von alters her, und wie mir scheint mit gutem Grund, einen hohen 
Begriff von der Schönheit und den Reizen ihrer Vaterstadt gehabt. 
Befördrer vieler Lustbarkeiten, 
Du angenehmer Alsterfluß! 
Du mehrest Hamburgs Seltenheiten 
Und ihren fröhlichen Genuß. 
Dir schallen zur Ehre, 
Du spielende Flut, 
Die singenden Chöre, 
Der jauchzende Mut! 
Der Elbe Schiffahrt macht uns reicher, 
Die Alster lehrt gesellig sein! 
Durch jene füllen sich die Speicher, 
Auf dieser schmeckt der fremde Wein. 
In treibenden Nachen 
Schifft Eintracht und Lust, 
Und Freiheit und Lachen 
Erleichtern die Brust.
	        
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