Elisabeth
Carolath
Friedrich
Vitzthum
488 HERBERT BISMARCKS LIEBESKONFLIKT
Als der Deutsch-Französische Krieg ausbrach, ließ ihn sein Kommandeur
als für den Felddienst untauglich in der Garnison bei der Ersatzschwadron
zurück. Nach der Übergabe von Straßburg gelang es Phili, durch seine
Familienbeziehungen dem zum Generalgouverneur des Elsaß ernannten
Grafen Friedrich Alexander von Bismarck-Bohlen attachiert zu werden.
Hier bewies er zum ersten Male seine ungewöhnliche Gabe der Menschen-
behandlung. Er gewann bald Einfluß auf seinen biederen Vorgesetzten, der
ihm, was damals selten vorkam, obwohl Phili nie im Feuer gewesen war,
das Eiserne Kreuz verschaffte. Nach dem Ende des Krieges gelang es Phili
mit Hilfe seiner feinen und klugen Mutter, die ihren ältesten Sohn ab-
göttisch liebte und die ihrerseits das einzige weibliche Wesen gewesen ist,
das er leidenschaftlich geliebt hat, für ihn von dem rauher veranlagten
Vater die Erlaubnis zu erwirken, den Küraß der Gardes-du-Corps abzu-
legen und sich der Zivilkarriere zuzuwenden. Mit rühmlichem Fleiß ließ er
sich (mehrere Jahre nachdem er das Gymnasium verlassen hatte) in Straß-
burg immatrikulieren, bestand das Referendarexamen und wurde in den
diplomatischen Dienst aufgenommen.
Seine Schwester Adda, die später den Grafen Karl Kalnein heiratete,
hatte sich eng an Marie Bismarck angeschlossen, er selbst schloß sich Herbert
an. Mit dem feinen psychologischen Verständnis, das Phili auszeichnete,
operierte er während des Konfliktes, in den Herbert durch seine Leidenschaft
für die schöne Fürstin Elisabeth Carolath mit seinen Eltern geriet, so
geschickt, daß Herbert in ihm den seine Liebe und Liebesschmerzen ver-
stehenden Freund erblickte. Fürst und Fürstin Bismarck aber sahen in
Phili den geschickten Mittelsmann, der Herbert zum Verzicht auf seine
Liebe bewogen habe. Selbst die arme verlassene Elisabeth grollte ihm nicht,
weil er ihr gar so schöne und rührende Trostbriefe geschrieben hatte.
In Paris führte mich mein guter Stern mit zwei Altersgenossen zu-
sammen, die mir lebenslängliche Freunde werden sollten. Beide waren
Kur- und Ursachsen, wie Fürst Bismarck die Sprossen alter sächsischer
Adelsgeschlechter scherzend zu nennen pflegte. Friedrich Reichsgraf
Vitzthum von Eckstädt, Majoratsherr auf Schön-Völkau, Reibitz und
Sausedlitz, war ein Edelmann vom Wirbel bis zur Zehe. Der huchgewachsene
Mann, blondhaarig und blauäugig, sah aus wie ein Herr, und er war ein
Herr. Er beugte sich vor keinem, aber er war gütig und hilfsbereit für jeden.
Er bewegte sich mit derselben Sicherheit auf dem Parkett der Höfe, wie er
einer Kammersitzung präsidierte oder einen landwirtschaftlichen Kongreß
leitete. Er war als Botschaftssekretär in Paris und in Petersburg mein
Kollege, in Bukarest als Legationssekretär mein Untergebener. Als ich
später Reichskanzler wurde, war er mir als Präsident der Ersten Sächsischen
Kammer und sächsischer Oberstmarschall eine wertvolle Stütze für meine