Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

Eug£nie 
Jeröme 
Napoleon 
XXXVI KAPITEL 
Die früher in Frankreich regierenden Familien « Das Haus Bonaparte » Die Orl&ans 
Der Herzog von Aumale « Spionage »- Das Diplomatische Korps » Monsignore Czaki 
Der Prinz von Wales in Paris 
ährend meiner Pariser Dienstzeit war den Mitgliedern der früher in 
Frankreich regierenden Familien der Aufenthalt in ihrer Heimat noch 
nicht verboten worden. Von dem Hause Bonaparte merkte man nicht 
viel. Der Prince Imperial, von den Gegnern seines Vaters einst „Lulu“ 
genannt, war, kaum dreiundzwanzig Jahre alt, in Südafrika bei einem 
Renkontre mit Eingeborenen elend verblutet. Seine Mutter, die Kaiserin 
Eug£nie, gewann es in jedem Frühjahr über sich, Paris zu besuchen und sich 
in einem Hotel einzuquartieren, aus dem sie auf die Stätte blicken konnte, 
wo einst die Tuilerien gestanden hatten, auf den Garten, wo ihr Sohn als 
Kind fröhlich gespielt hatte. Sie hat den Weltkrieg noch erlebt und ein Jahr 
vor dessen Ausbruch meine Schwiegermutter, Donna Laura Minghetti, in 
deren Villa Mezzaratta bei Bologna besucht. Sie hatte diese seit dem Aus- 
bruch des Deutsch-Französischen Krieges im Juli 1870 nicht wiedergesehen. 
Als sich die beiden alten Freundinnen nach so ungeheuren Ereignissen 
wiedersahen, brach die Kaiserin in Tränen aus und schluchzte laut. Sie 
hatte die stärkste, die einzige Hoffnung ihres Hauses begraben, denn was 
sonst an Bonapartes noch lebte, konnte nichts für die Zukunft versprechen. 
Nach dem Tode des armen ,‚Lulu“ war „Plon-Plon‘, der Prinz Jeröme 
Napoleon, Chef des Hauses Bonaparte geworden. Durch seine freigeistige 
Richtung und mehr noch durch den Zymismus, mit dem er seine Gottlosig- 
keit affıchierte, war er die „bete noire“ aller Frommen in Frankreich ge- 
worden, die vor vierzig Jahren einen größeren Einfluß ausübten als heute. 
Sein skandalöses Privatleben verstärkte noch die allgemeine Verachtung, 
die er sich durch seine Feigheit in allen französischen Kriegen, im Krim- 
Krieg, im Französisch-Österreichischen Krieg, im Deutsch-Französischen 
Krieg bei allen Parteien und in allen Klassen zugezogen hatte. Dabei war 
Plon-Plon durchaus nicht unbegabt. Ich bin ihm wiederholt begegnet. Er 
hatte äußerlich eine unverkennbare Ähnlichkeit mit seinem großen Oheim 
und war auch nicht ohne einen genialen Zug. Das erkannte Herbert
	        
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