Herzog
von Nunes
Monsignore
Czacki
526 DIPLOMATIE UND BALLETT
Dynastie selbst, aus Savoyen. Von seinen Sekretären sollte Avarna Bot-
schafter in Wien, Bollati Botschafter in Berlin werden. Beide vorbildlich
pflichttreue, kluge und geschickte Diplomaten. Eine originelle Figur war der
spanische Botschafter, der Herzog Fernan Nunes. Von Geburt Italiener,
aus dem lombardischen Adelsgeschlecht Falco d’Adda, hatte er durch seine
Heirat mit einer reichen spanischen Erbin die spanische Staatsangehörig-
keit und mit ihr die spanische Grandezza erworben. Er interessierte sich
lebhaft für junge Damen vom Ballett. „J’aime‘, pflegte er zu sagen, „a
proteger les beaux arts.“ Da seine Gattin zwar sehr vornehm, aber sehr
häßlich war, wurden ihm seine kleinen Seitensprünge nicht übelgenommen.
Für Politik interessierte er sich gar nicht. Als ich, drei Tage nachdem Gam-
betta die Regierung übernommen hatte, mit Fernan Nunes bei dem Prinzen
von Wales frühstückte, stellte sich heraus, daß der spanische Botschafter
von der Bildung des Ministeriums Gambetta noch nichts wußte, was den
Prinzen von Wales köstlich amüsierte. |
Ich habe als Diplomat immer dem Grundsatz gehuldigt, auch die Ver-
treter kleinerer Länder zu frequentieren, da man von ihnen, die geringerem
Mißtrauen begegnen, oft die besten und sichersten Nachrichten erhält. Vier
dieser Herren waren zu mir besonders gütig: der dänische Gesandte, Graf
Moltke-Hvitfeld, war nicht gerade deutschfreundlich, aber in Erinne-
rung an alte Beziehungen zu meinem Vater kam er mir liebenswürdig ent-
gegen. Dem griechischen Gesandten, Brailas-Armeni, hatte mich der.
König Georgios empfohlen. Der niederländische Gesandte, Baron Zuylen,
war Deutschland wohlgesinnt, ebenso wie seine streng kalvinistische Frau.
Im Hause des brasilianischen Gesandten, des alten Vicomte Itajuba,
wurde ich als Verwandter aufgenommen, denn seine schöne Tochter Olga
hatte den jüngsten Bruder meiner Mutter, den Senator Alfred Rücker,
geheiratet.
Die interessanteste Erscheinung im Diplomatischen Korps war für mich
der päpstliche Nunzius, Monsignore Czacki. Er entstammte einer alten,
in Wolhynien ansässigen polnischen Adelsfamilie, war aber, wie dies bei den
im Dienst der Kurie stehenden nichtitalienischen Prälaten regelmäßig der
Fall zu sein pflegt, völlig romanisiert. In einem seiner reizendsten Romane,
dem „Anneau d’Amethyste“, hat Anatole France ein meisterhaftes Porträt
eines päpstlichen Nunzius entworfen, des Monsignore Cima: „A quarante
ans il avait l’air d’un adolescent malade. Quand il baissait les yeux, sa face
Etait celle d’un mort. Le coude droit dans la main gauche et la joue reposant
inclinee dans le creux de la main droite, il avait une gräce presque funebre
qui rappelait certaines figures de bas-reliefs antiques. Son visage au repos
Etait voileE de melaucholie. L’on disait a Rome qu’il avait le mauvais oeil.““
Dieses Porträt paßte in manchen Zügen auf Monsignore Czacki. Namentlich