Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

Herbert Bis- 
marck über 
die Demission 
XLV1l. KAPITEL 
König Carol über die Entlassung des Fürsten Bismarck » Verlobungsfeier im rumäni- 
schen Königshause - Ernennung Bülows zum Botschafter in Rom « Abschied von 
König Carol . Letztes Zusammensein mit der Mutter in Berlin 
ls ich, nicht lange nach dem Rücktritt des Fürsten Bismarck, auf 
einige Tage nach Berlin kam, herrschte dort jene Gemütsverfassung, 
die der Franzose mit dem Worte „‚Ouf!“ ausdrückt. Demokraten und Kle- 
rikale jubelten. Die Konservativen atmeten auf. Der sehr intelligente, 
durchaus aufrechte Legationsrat der Kaiserlichen Gesandtschaft in Buka- 
rest, Freiherr von Dörnberg, dem ich seinerzeit meinen Warnungsbrief an 
Philipp Eulenburg vor seiner Absendung gezeigt hatteund der damals diesen 
Brief eine „Tat, und zwar eine gute Tat‘ nannte, meinte, als wir uns bei 
meinem Bruder Alfred in Stuttgart wieder begegneten, daß auch in Süd- 
deutschland über den Rücktritt des Fürsten Bismarck vorwiegend Be- 
friedigung herrsche. Man höre überall: „Es wird nun besser gehen und das 
Leben gemütlicher werden.“ 
Anders sprach freilich Herbert Bismarck, der mich kurz nachher in 
Wildbad besuchte, wo ich mit meiner Frau einige Wochen verlebte. Er 
sagte mir, er komme, um mir zu danken, daß ich seinem Vater immer treu 
geblieben sei. Ich würde ihm gewiß auch fernerhin treu bleiben. Herbert 
“hatte von einem Beamten des Zentralbüros im Auswärtigen Anıt gehört, 
daß ich von den Vertretern des Reiches der einzige gewesen sei, der die 
Entlassung des Fürsten Bismarck zum Gegenstand eines amtlichen 
Schreibens gemacht habe, das auf den Ernst und die Tragweite dieses 
Ereignisses hingewiesen habe. Unsere anderen Vertreter hätten sich ent- 
weder ausgeschwiegen oder der Überzeugung Ausdruck verliehen, daß in 
der genialen Persönlichkeit unseres jugendfrischen Kaisers die beste Ge- 
währ für die Zukunft liege. Herbert erzählte mir erschütternde Einzel- 
heiten über die Rücksichtslosigkeit, mit der sein Vater persönlich von 
Kaiser Wilhelm II. behandelt worden sei. Der Kaiser habe das Abschieds- 
gesuch des treuen Dieners seines Großvaters gar nicht erwarten können und 
durch den Chef seines Zivilkabinetts, Herrn von Lucanus, den General- 
adjutanten Hahnke und durch andere Mittelspersonen immer wieder die
	        
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