Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

Antwort aus 
Friedrichsruh 
646 DER BÖNHASE 
berichtet, daß der Fortgang Ihres Vaters hier bei allen Anhängern der 
bestehenden Ordnung und des Zusammengehens mit Deutschland tiefstes 
Bedauern erregte. Auf diesem Wege möchte ich Ihnen noch mitteilen, daß 
König Carol, Carp und Sturdza in besonders würdiger und warmer Weise 
mir gegenüber dieser Gesinnung Ausdruck gaben. Mit der Bitte, Ihren 
Eltern meine ehrerbietigsten Empfehlungen übermitteln zu wollen, und 
indem ich zu Gott hoffe, daß es Ihnen allen so wohl ergehen möge, wie ich 
das mit ganzer Seele erhoffe, bin ich in alter Treue stets Ihr B.“ 
Herbert antwortete mir am 3. Mai 1890 aus Friedrichsruh: „Haben Sie 
herzlichsten Dank für Ihren freundlichen Brief vom 18. v. Mts., den ich 
vor einigen Tagen hier erhielt. Es hat nıich sehr gefreut, von Ihnen zu hören, 
und die warmen Worte, mit denen Sie unserer gedenken, sind mir zu Herzen 
gegangen. Wir beide kennen uns von Kindesbeinen an und haben immer 
zusammengehalten, da bedarf es zwischen uns keiner weiteren Ver- 
sicherungen. Es würde mir aber sehr lieb sein, mit Ihnen einmal wieder 
einen mündlichen Meinungsaustausch zu pflegen, und ich hoffe sehr darauf, 
mit Ihnen im Sommer zusammenzutreffen. Übermorgen gehe ich auf drei 
Wochen nach England, den größeren Teil des Juni werde ich hier in Fried- 
richsruh und den Juli in Königstein zubringen. Im August und September 
gehe ich vielleicht etwas an die See, eventuell auch mit meinem Vater nach 
Kissingen, wenn es dazu kommen sollte; natürlich hat er wenig Lust zu 
diesem Bade und möchte lieber an die See. Schweninger muß seinerzeit 
entscheiden. Meine Adresse bleibt einstweilen Friedrichsruh. Daß ich 
wieder in den Dienst gehe, glaube ich nicht, obgleich man nie sagen soll, 
source je ne bvirai pas de ton eau; aber es wird auch wohl gar nicht von mir 
verlangt werden. Ich habe kein Vertrauen auf die Talente des badischen 
Staatsanwalts, der jetzt unsere auswärtige Politik als Bönhase zu leiten 
unternommen hat, und sehr von seiner Wahl abgeraten. Er hat sich außer- 
dem gegen meinen Vater so intrigant und gegen mich so manierlos be- 
nommen, daß ich unter ihm nicht dienen würde, und wäre ich gesund wie 
ein Fisch im Wasser. Letzteres bin ich gegenwärtig leider gar nicht. Ich 
habe in den langen und harten Jahren zu viel zugesetzt und werde viel Zeit 
brauchen, ehe ich mich notdürftig zusammenflicke. Daß Sie viel Freund- 
schaft unter den jetzigen Spitzen des Auswärtigen Amtes und deren 
Amanuensis haben, kann ich auch nicht annehmen, und noch mehr trifft 
dies auf unsern guten Freund Vitzthum zu, und ich habe es mir angelegen 
sein lassen, ihm durch einen meiner letzten Dienstakte noch einen etats- 
mäßigen Posten zu verschaffen. Da er zum Botschaftsrat noch nicht heran 
war, nahm ich an, es würde ihm am liebsten sein, zu Ihnen zu kommen, 
sonst hätten die Leute ihn vermutlich nach Rio oder Lissabon relegiert. 
Grüßen Sie ihn, bitte, vielmals von mir. Meinen Eltern geht es gottlob
	        
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