54 FRIEDRICH VII.
hatte bei dem Vorgänger Friedrichs VII., bei König Christian VIII., sehr
in Gnaden gestanden. Der alte Landgraf Alexis von Hessen-Philippsthal-
Barchfeld erzählte mir, er sei nicht lange vor dem am 20. Juni 1848 erfolgten
Tod dieses Dänenkönigs bei ihm gleichzeitig mit meinem Vater zum Tee
befohlen gewesen. Eine anwesende Hofdame habe geäußert, Herr von Bü-
low habe eine feine und schöne Hand. Der König habe laut erwidert: „Ich
weiß nicht, ob er eine schöne Hand hat, aber ich weiß, daß er einer der
besten Köpfe in meinem Königreich ist.‘ Christian VIII. war kultiviert,
geistvoll. Er hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit König Friedrich Wil-
helm IV. von Preußen, mit dem er auch befreundet war. Sein Sohn und
Nachfolger, Friedrich VII., war aus anderem Holz geschnitzt. Er war einer
der seltsamsten Fürsten, die je auf einem Thron gesessen haben. Die Lust
am Fabulieren und die Renommiersucht, denen ich auch bei anderen
Fürsten begegnet bin, hatten bei ihm pathologische Formen angenommen.
Als Napoleon III. bald nach der Geburt des Prince Imperial die Helena-
Medaille für alle diejenigen stiftete, die unter Napoleon I. im Felde ge-
standen hatten, frug Friedrich VII. den ihm gegenübersitzenden französi-
schen Gesandten Dot£zac bei Tisch, weshalb er nicht die Helena-Medaille
erhalten habe. Sehr verlegen erwiderte M. Dotezac, diese Medaille würde
grundsätzlich nur an Teilnehmer an den Napoleonischen Feldzügen ver-
liehen. Mit ernstem Gesicht erwiderte der Dänenkönig: „Ich will Ihnen ein
großes Geheimnis anvertrauen: Ich habe an der Schlacht von Waterloo
teilgenommen, jawohl! Im Frühjahr 1815 ging ich mit sieben Jahren meinen
Eltern durch und habe die Schlacht als Trommler mitgemacht. Das ist bis
jetzt ein Geheimnis gewesen, das ich Ihnen heute enthüllen will!“
Friedrich VII. war dreimal verheiratet, in erster Ehe mit einer Kusine,
der PrinzeB Wilhelmine von Dänemark, in zweiter Ehe mit der Prinzeß
Karoline von Strelitz. Die erstere ließ sich nach neunjähriger Ehe von ihm
scheiden, die letztere hielt es nur fünf Jahre mit ihm aus. In dritter Ehe
heiratete er eine Putzmacherin, die Raßmussen hieß und von ihm zur
Gräfin Danner erhoben wurde. Unter anderen fatalen Eigenschaften besaß
Friedrich VII. auch die, daß er sich gern betrank. Die Gräfin Danner teilte
diese Schwäche und war darum ihrem hohen Gemahl besonders sym-
pathisch. Meine Mutter hat sich, solange mein Vater in dänischen Diensten
stand, immer geweigert, sich der Gräfin Danner vorstellen zu lassen, und
mein Vater fand diese Haltung ganz in der Ordnung. Als mein Vater 1862
vor dem letzten dänischen König aus dem königlichen Mannesstamme des
Hauses Oldenburg erschien, forderte ihn dieser in dem ihm eigenen derb-
gutmütigen Tone auf, ihm gegenüber Platz zu nehmen. Er selbst saß an
einem Tisch, auf dem kleine und große Bleistifte verstreut lagen. Der König
unterhielt sich deutsch mit meinem Vater, der nicht besonders Dänisch