Hollmann
und Tirpitz
Zwei Kreuzer
vom Reichs-
tag abgelehnt
688 MARINE-FORDERUNGEN
zwei Landsleute, zwei Admiräle, die, im übrigen sehr voneinander ver-
schieden, mir beide von der Frage sprachen, die im Mittelpunkt unserer
inneren Politik stand und die, wie ich mir nicht verhehlte, auch außen-
politisch sehr bedeutungsvoll war, der Flottenfrage. Zuerst erschien im
Palazzo Caffarelli der amtierende Staatssekretär des Reichsmarineamts,
Friedrich Hollmann, damals fünfundfünfzig Jahre alt. Der Kaiser
nannte ihn „„Hollmännchen“, und er hatte, obwohl er sich schon als junger
Offizier 1870 auf der „Grille“ im Gefecht von Hiddensee brav gehalten
hatte, in seiner ganzen Art etwas Skurriles, etwas von der Art jener Leute,
die in einem Regiment, einem Korps, einem Klub zwar allgemein beliebt
sind, aber nicht ganz ernst genommen werden. Ganz anders der um sieben
Jahre jüngere, in meinem Alter stehende Mann, der bald an seine Stelle
treten sollte: Alfred Tirpitz. An ihm war alles ernst und gründlich,
fest und schwer. Ein Willensmensch! Wenn Hollmann einen freundlichen
und gemütlichen Eindruck machte, so sprach aus Tirpitz verhaltene Leiden-
schaft, ein starker Ehrgeiz, die Fähigkeit, zu hassen, die Lust am Kampf.
Im März 1897 hatte die Budget-Kommission des Reichstages an allen
Marine-Forderungen erhebliche Abstriche vorgenommen. Am 18. März
1897, genau neunundvierzig Jahre nach dem Berliner Revolutionsspuk
von 1848, hatte im Plenum des Reichstages die zweite Lesung des Marine-
Etats stattgefunden. Umsonst waren der Kanzler Hohenlohe in einer
kurzen, verständigen, aber nach seiner Gewohnheit von kleinen Zettelchen
mühsam abgelesenen Rede, der Staatssekretär Marschall in langen und
breiten Ausführungen für die vom Reichsmarineamt geforderten zwei
Kreuzer eingetreten. Umsonst war der damalige Staatssekretär des Reichs-
schatzamtes, der spätere Staatssekretär des Reichsamtes des Innern,
Graf Posadowsky, den Bedenken entgegengetreten, die Eugen Richter
vom finanziellen Standpunkt aus gegen die Bewilligung der zwei ge-
forderten Kreuzer erhoben hatte. Die beiden Kreuzer wurden mit zwei-
hundertundvier Stimmen des Zentrums, der Freisinnigen, der Sozial-
demokraten, Polen, Welfen und Elsässer gegen einhundertunddreiund-
vierzig Stimmen der Konservativen und Nationalliberalen abgelehnt.
Admiral Hollmann ließ mir bei seinem Besuch in Rom keinen Zweifel
darüber, daß er eine Verstärkung unserer Flotte nicht nur für wünschens-
wert, sondern im Hinblick auf die fortschreitende Entwicklung unseres
überseeischen Handels für notwendig hielte. Eine solche Verstärkung im
Reichstag durchzusetzen, sei aber angesichts des Widerspruchs des Zen-
trums, der Freisinnigen und der Sozialdemokraten völlig ausgeschlossen,
zumal selbst die Konservativen und namentlich die extremen Agrarier in
der Konservativen Partei innerlich allen Flottenplänen kühl, wenn nicht
ablehnend gegenüberstünden. „Lassen Sie sich nicht nach Berlin locken“,