Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

112 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. 
diese konnte nur durch den Rath zusammengerufen werden; was der 
Rath verwarf, durfte nicht wieder vor das Volk gebracht werden. Ein 
Ausschuß des Rathes war die Prytaneia, aus 100 Räthen aus allen 
Phylen mit einem Vorsteher zusammengesetzt, die eigentliche, permanente 
Regierung. Der Vorsteher hatte die Schlüssel zur Burg, zum Schatze 
und Staatsarchive und bewahrte das Staatssiegel. Die Prytanen aßen 
im Prytaneum, und als die Besoldungen eingeführt wurden, hatte der 
Prytane täglich 1 Drachme (25 Talente Staatsausgabe für das Jahr). 
Für die Gerichte wurden 6000 (die Heliasten) wenigstens 30 Jahre 
alte Bürger durch das Loos ausgewählt; aus ihnen durch die Thes- 
motheten für die einzelnen Gerichtshöfe die nöthigen Richter (Geschwo- 
rene) ausgeloost, von 200 bis 2000; die Kriminalgerichte übten in 
älterer Zeit 51 Epheten. Vielmal trat aber die ganze Volksversamm- 
lung als Richter auf, namentlich immer, wenn es sich um Anklagen von 
Beamten, um Konfiskationen und Erbschaftssachen handelte. Ein eigenes 
Gericht war der Areopag; seine Mitglieder wurden auf Lebenszeit ge- 
wählt, besonders aus Beamten, welche ihre Stelle mit Lob verwaltet 
hatten. Von dem Areopage wurden vorsätzliche Verwundungen und 
Morde, insbesonders Verwandtenmorde gerichtet, ferner Frevel gegen 
Tempel und beilige Orte u. s. w. Er durfte als Gerichtshof nur auf 
Schuld oder Unschuld sprechen; standen die Stimmen gleich, so wurde 
das „nichtschuldig“ gesprochen. Außerdem hatte der Areopag noch tiefer 
eingreifende Befugnisse; er überwachte die Sitten, den Erwerb der Bür- 
ger, den religiösen Kult und sollte besonders auch der Einfübrung neuer 
religiöser Gebräuche und Lehren in den Weg treten. Als Sittengericht 
konnte der Areopag nicht nur jeden einzelnen Bürger und Beamten, 
sondern sogar die ganze Volksversammlung verantwortlich machen oder 
wenigstens tadeln; daher wurde auch der Areopag, als die Demokratie 
sich weiter ausbildete, dieser sittenrichterlichen Befugnisse beraubt. 
Aktivbürger wurde der Athener mit dem zwanzigsten Jahre; dann 
wurde er auch zum Felddienste verpflichtet, nachdem er vom achtzehnten 
bis zwanzigsten Jahre bloß Wachedienste gethan hatte. Bei dem Antritte 
der vollen Bürgerwürde schwor er: „Nicht werde ich meine Waffen ver- 
unehren oder meinen Kameraden verlassen, bei dem ich stehe; auch werde 
ich kämpfen für Altar und Herd, ebenso allein als mit vielen und werde 
meine Vaterstadt im Unglücke nicht verrathen. Ich werde der Obrigkeit 
gehorchen und die bestehenden Gesetze befolgen. Und wenn jemand die 
Satzungen aufhebt oder ihnen nicht gehorcht, so will ich das nicht dul- 
den; ich werde ihr Beschützer sein, sowohl allein als mit allen. Auch 
will ich die väterlichen Heiligthümer ehren. Als Zeugen rufe ich an 
die Götter Agraulos, Enyalios, Ares, Zeus, Thallo, Auro und 
Hegemone.“
	        
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