Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

Gegensatz der Athener und Spartauer. 117 
jener mußte auf jede Kunst, sede Pracht, selbst auf viele Bequemlichkeiten 
des Lebens verzichten, der Athener brauchte sich bloß die Mittel zu er- 
werben, um sich den Genuß aller Lebensfreude zu verschaffen. In Sparta 
war jeder Bürger ziemlich gleich reich oder gleich arm; in Athen stand 
der Reiche und der Reichgewordene neben dem Armen, und das Beispiel 
dieses Glückes mußte den andern aneifern auf dem gleichen Wege nach 
dem beneideten Besitze zu trachten, es mußte ein Wetteifer entstehen, der 
alles aufbot und zu immer neuen Unternehmungen trieb. Der Spar- 
taner konnte sein bürgerliches Recht nicht mehren, der Athener aber rückte 
durch größeren Besitz in die ersten Klassen vor und durfte um so eher 
auf Aemter und Würden hoffen, je mehr er durch den Gebrauch seines 
Reichthums den wählenden Bürgern gefiel oder sich dieselben verpflichtete. 
In Sparta hörte die Volksversammlung die Vorschläge der Gerusia an, 
erfuhr auf diesem Wege, was die Oberen zu thun gesonnen waren und 
konnte kaum mehr als sein Wohlgefallen oder Mißfallen durch Ja oder 
#MNein aussprechen; in Athen lag die ganze Entscheidung bei der Volks- 
versammlung. Der spartanische Bürger durfte nicht zu seinen Mitbür- 
gern reden und nicht versuchen, dieselben seiner Meinung und seines 
Willens zu machen; in Athen konnte jeder Bürger die Rednerbühne be- 
treten und seine Einsicht in die Angelegenheiten des Staats, seine Kennt- 
nisse der Zustände in andern Staaten, ihrer Kräfte und Absichten vor 
allem Volke entfalten, seine Liebe zur Vaterstadt zeigen, seine Mane für 
deren Größe darlegen) er konnte seine Gegner bekämpfen, die Herzen 
zu Liebe oder Haß erregen — darum war die Rednerbühne die Brücke 
zu Ansehen und Macht für den Athener, nicht für den Spartaner, da- 
rum lernten die spartanischen Jünglinge schweigen und kurz und bündig 
ihre Meinung sagen, der junge Athener dagegen erlernte die Kunst der 
Rede. Sparta duldete keine Fremden, Athen wimmelte von denselben; 
Sparta hatte keinen Handel und verbot Gold und Silber, Athens Han- 
del nahm einen immer größern Aufschwung und lenkte einen Strom 
edlen Metalles in die Stadt. Sparta überließ die Schifffahrt seinen Peris- 
ken, seinen dorischen Bundesgenossen Korinth und Aegina, Athen mußte 
den Seehandel pflegen, zu dessen Schutze Fahrzeuge bewaffnen und eine 
Seemacht werden. Sparta beschränkte sich auf den Peloponnes und das 
nächste griechische Festland, Athen strebte in die Ferne, und während die 
Spartaner überall vie Aristokratie stützten, gründeten die Athener De- 
mokratieen; sie konnten selber keine Ruhe haben, klagten später grie- 
chische Städte, und andern keine Ruhe lassen. Athen war es auch, wel- 
ches den Zusammenstoß mit dem Perserreiche herbeiführte.
	        
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