Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

140 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. 
und Blut dahinzugeben? Perikles sah weiter; ihm war es ganz klar, 
daß Athen nicht stille stehen konnte, sondern entweder rückwärts mußte, 
indem es seine Schiffe im Hafen ließ und den Bundesgenossen gestattete, 
nach allen Richtungen auseinander zu gehen, unter einander selbst Krieg 
anzufangen und sich in den inneren Kämpfen der aristokratischen und 
demokratischen Parteien zu zerfleischen; oder Athen ging vorwärts, hielt 
die Bundesgenossen mit Gewalt beisammen, beschützte die Demokratieen 
und erwarb neue Bundesgenossen, indem es die Parteikämpfe schieds- 
richterlich schlichtete. 
Perikles als Parteiführer. 
Darum stürzte er den Kimon durch den Ostrakismus, weil er ihm 
mit seinen Anhängern den Weg vertrat; als aber die meisten derselben 
in der Schlacht von Tanagra geblieben waren, ließ er ihn zurückkehren. 
Gleiches Schicksal bereitete Perikles dem Thukydides (444), der als 
Haupt der Altbürger gegen ihn wirkte und besonders gegen den Zu- 
wachs der Bürgerschaft durch die häusigen Bürgeraufnahmen eiferte (im 
J. 445 wurden 4760 als unberechtigt aus der Bürgerliste gestrichen, 
aber das strenge Gesetz wurde bald wieder vergessen), durch welche die 
Demokratie immer neue Verstärkung erhielt (ähnlich trat in der nord- 
amerikanischen Union die Partei der whigistischen „Natives“ gegen die 
unbeschränkte Freiheit der Einwanderung auf). 
Der Brennpunkt des Widerstandes gegen Perikles und seine Plane 
war aber der Areopag; da diese Behörde nur aus den mit Lob abge- 
tretenen Beamten, namentlich den Archonten, gewählt wurde, so befanden 
sich in demselben fast durchgängig Männer aus den alten Familien, welche 
den Ansschten des Kimon zugethan waren. Der Areopag hatte aber als 
Sittenrichter, Gesetzes= und Religionswächter und namentlich durch seine 
Oberaufsicht über den Staatsschatz einen sehr bedeutenden und darum dem 
Perikles sehr gefährlichen Einfluß. Deßwegen ließ Perikles durch den 
Ephialtes, eines seiner Werkzeuge, bei dem Volke beantragen, daß die 
Rechte des Areopags dem Volke selbst übertragen würden, und es stimmte 
willig dafür, da es Vermehrung seiner eigenen Macht galt; dem Areopag 
verblieb als wesentliche Befugniß nur das Blutgericht. Perikles verstand 
es allerdings, sich bei dem gemeinen Volke sehr beliebt zu machen; der 
glückliche Feldherr, der Staatsmann, dessen Rath immer durch den Erfolg 
als der beste erprobt wurde, der gewaltige Redner, der Nachkomme alt- 
adeliger Ahnen, gab dem Volke nicht nur jede Macht in die Hand, er 
machte es auch dem Aermsten möglich, alle Rechte eines athenischen Bür- 
gers auszuüben.
	        
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