Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

Demosthenes in Athen gegen Philipp. 185 
das eigentliche makedonische Volk ein natürliches und unverdorbenes war, 
so zeigte der königliche Hof sich um so raffinierter, und je mächtiger das 
Königthum durch Eroberungen wurde, um so weniger brauchte es auf 
den makedonischen Stamm Rücksicht zu nehmen. Uebrigens war De- 
mosthenes selbst keiner der Alten, kein Perikles; er war nicht nur kein 
Feldherr, sondern nicht einmal ein guter Soldat und konnte deßwegen 
nie eine Befehlshaberstelle übernehmen. 
Ihm traten auch nicht bloß sophistische Schurken wie Aeschines ent- 
gegen, sondern sogar der Ehrenmann Phokion, der freiwillig arme, un- 
bestechliche. Dieser war der Ueberzeugung, mit einem Volke, wie das 
athenische eines sei, habe es ein Ende; für die Freiheit sei es zu schlecht 
und zu muthwillig; daher bielt er es für besser, wenn es gebörig ge- 
zügelt werde, und je weniger es sich dagegen sträube, um so erträglicher 
wrrde es ihm ergehen. Theater, Spiele und andere Unterhaltungen 
würden ihm auch unter Makedoniens Oberhoheit nicht fehlenz möge es 
darum seine Rolle als das Volk der feinen Bildung, des Geschmackes, 
der Kunst und Wissenschaft spielen, den Makedoniern aber die politische, 
die Hegemonie, die bewaffnete Vertretung des Hellenenthums gegen das 
Ausland überlassen. Deßwegen konnte Phokion dem Demoßhenes, der 
ihm sagte: „die Athener werden dich tödten, wenn sie toll werden“ zur 
Antwort geben: „Und dich, wenn sie vernünftig werden.“ Dennoch ver- 
gaß Phokion seine Pflichten als Bürger seiner Vaterstadt nicht und er 
war der einzige athenische Feldherr, welcher den makedonischen König 
einmal nöthigte von einem wichtigen, schon halb gelungenen Unternehmen. 
abzustehen. 
Der heilige Krieg (355—346 v. Chr.). 
Die Phokier hatten sich die Nutzung eines Stückes Land ange- 
maßt, welches dem delphischen Gotte gehörte und waren deßwegen von 
dem Gerichte der delphischen Amphiktponen zu einer unmäßigen Straf- 
summe verurtheilt worden; ein gleiches war auf Betreiben der Thebaner 
gegen die Spartaner wegen der Besetzung der Kadmea durch Phöbidas 
geschehen, allein weder der eine noch der andere Tbeil bezahlte seine 
Buße und niemand wagte darauf zu dringen, weil die Bezahlung als 
Unmöglichkeit erschien. Dem rastlosen Hasse der Thebaner gelang es 
endlich einen Ausspruch der Amphiktponen zu erwirken, welcher die Pho- 
kier zur Bezahlung anhielt und im Weigerungsfall Erekution verordnete. 
Die Phokier gingen nun einen Schritt weiter; alleinstehend vermochten 
sie den Thebanern, Lokrern u. s. w. nicht zu widerstehen, reich waren 
sie auch nicht und konnten deßwegen keine Söldner anwerben, sie griffen 
daber auf die seit Jahrhunderten gehäuften Tempelschätze, nahmen einige 
tausend Talente und warben zahlreiches Kriegsvolk an, welches Griechen-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.