190 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien.
eine Adelspartei, ihn von dem Throne auszuschließen, was in damaliger
Zeit so vül hieß, als ihn gelegentlich aus dem Wege zu schaffen. Allein
er war bereits seit der Schlacht von Chäronea der Liebling des make-
donischen Heeres und unterwarf oder vernichtete seine Gegner augenblick-
lich. Der junge Sohn des Philipp wurde beseitigt, denn nach den
griechischen Begriffen von Tugend war die Pflicht gegen Blutsverwandte
nicht heilig genug, um dergleichen Thaten zu verbieten, wenn sie in dem
Interesse des sogenannten Staatswohles verübt wurden. Auch Attalus,
der Oheim von Philipps zweiter Gemahlin Kleopatra, welcher nach Phi-
lipps Anordnung mit einem Heere in Asten den Krieg gegen die Perser
eröffnen sollte, ward durch Meuchelmord unschädlich gemacht.
Griechenland wurde auf die Nachricht von dem Tode Philipps un-
ruhig und die Athener feierten sie mit einem Dankfeste. Allein Alerander
überraschte die Unruhigen mit Heeresmacht; die Thessalier gaben allen
Widerstand auf und huldigten; Alerander drang durch die Thermopylen
ein, verzieh aber allen, als sie nach gewohnter Weise um Gnade baten
und ließ sich in Korinth zum Oberfeldherrn der Griechen gegen Persien
ausrufen. Nur die Spartaner trotzten abermals; Alerander hielt sie
jedoch für zu unbedeutend, um sich länger mit ihnen zu beschäftigen.
Denn auch den Norden Makedoniens hatte Philipps Tod in Bewegung
gesetzt; illyrische und thrakische Völkerschaften empörten sich und fielen
verwüstend in Makedonien ein. Dorthin wandte sich Alerander und be-
ruhigte alles Land bis an die Donau; er bewies seine Meisterschaft in
der Kriegskunst ebenso sehr durch seine schnellen, wohlberechneten Märsche,
als durch die Anordnung und Durchführung seiner Schlachten, daher
ihn Napoleon I. in der Reihe der großen Feldherrn zuerst aufführt.
Alrrander zerstört Theben (335).
Als er am Hämus stand, hatte sich in Griechenland die Nachricht
verbreitet, er sei gegen die nördlichen Barbaren gefallen und lauter
Jubel erfüllte die griechischen Städte. Athen, in welchem Demosthenes
noch immer seinen Hoffnungen lebte, mäßigte sich etwas, indem Phokion
rieth, einstweilen noch zuzuwarten, denn wenn Alerander heute todt sei,
so werde er morgen gewiß nicht wieder lebendig. Die Thebaner jedoch
folgten ihrem Ungestüme, hieben einen Theil der makedonischen Besatzung
nieder und belagerten den anderen in der Kadmea. Bevor ihnen aber
griechische Bundesgenossen, die Arkadier hatten Lust dazu, Verstärkung
bringen konnten, stand Alerander schon vor Theben. Er bot Verzeihung
an; allein die Thebaner machten einen Ausfall, wurden zurückgetrieben
und die Makedonier stürmten die Stadt, welche nun auch von der Kad-
mea aus angegriffen wurde. Nach tapferer Gegenwehr fiel sie in die
Gewalt des Feindes; 6000 Thebaner wurden erschlagen, und als Ale-