234 Die Romer.
aus der umliegenden Landschaft holten, entschlossen, sich von Rom los-
zusagen und eine eigene Stadt zu gründen, wenn die Patricier nicht
nachgeben sollten. Nun kam die Verlegenheit an diese und sie schickten
an die ausgewanderten Plebejer eine Gesandtschaft, an deren Spitze der
kluge Menenius Agrippa stand. Dieser bewog zwar die Mlebejer zur
Versöhnung mit den Patriciern und zur Rückkehr in ihre Vaterstadt,
aber nur auf Bedingungen: 1) mußten alle Schuldknechte losgelassen
werden; 2) wurde eine eigene Obrigkeitt zur Wahrung der plebejischen
Rechte eingesetzt, das Amt der Volkstribunen. Dieser gab es an-
fangs zwei, später fünf, zuletzt zehn; sie waren heilig und unverletzlich
d. h. wer sich an ihnen vergriff, sollte verslucht sein und dem Gesetze
verfallen. Die Tribunen bekamen das Necht, den Sitzungen des Senats
beizuwohnen; von ihrem Sitze an der Thüre hörten sie die Beschlüsse,
und wenn ihnen diese gegen die Gesetze und Rechte der Plebejer schienen,
sprachen sie veto (ich verbiete); dadurch wurde ein Beschluß ungiltig
und der Senat gezwungen, ihn vor die Centurienversammlung zu bringen.
Sir konnten jeden einzelnen Plebejer gegen Berhaftung, Aushebung und
Besteuerung schützen (intercessio). Die Tribunen durften ferner Tri-
hutkomitien d. h. Versammlungen der Tribus ihrer Standesgenossen ab-
Falten, mit dem Rechte über diejenigen zu richten, welche an den Ge-
rechtsamen der Plebejer frevelten (plebiscita).
Die Plebejer hatten also ihre Sprecher und eigene Versammlungen
gewonnen, und nun strebten sie unermüdlich, weitere Rechte zu erwerben,
was ihnen trotz des hartnäckigen und klugen Widerstandes der Patricier
im Laufe der Zeit gelang. Fast gleichzeitig wurden zwei plebejische, von
den Miebejern selbst zu wählende Aedilen eingesetzt, denen die Obsorge
für Getreidevorräthe und die Preise der Lebensmittel abertragen wurde,
damit arme Plebejer zur Zeit einer Hungersnoth von Staatswegen un-
terstützt werden konnten. Sie hatten auch die Aufsicht über den Ceres-
tempel (daher ihr Name) und straften die Frevel an Saatfeldern.
Koriolan (492—488 v. Chr.).
Bald nach Einführung der Volkstribunen litt die Stadt sehr durch
Hungersnoth und Seuchen, und der Senat mußte Getreide in Tuskien
und Sicilien aufkaufen lassen. Da sagte ein slolzer Patricier K. Mar-
cius, von der Eroberung der volskischen Stadt Korioli Koriolanus ge-
naunt: wenn die Plebeser das Brod der Patricier essen wollen, so ist
es billig, daß sie die Volkstribunen fortschicken, welche nichts weiter
thun, als daß sie den Senat verhindern und die Patricier anfeinden.“
Er begnügte sich nicht mit gehässigen Reden, sondern vergriff sich thät-
lich an den plebejischen Magistraten und schlug die Aedilen. Die Tri-
bunen ließen sich solches nicht gefallen, sondern verklagten den über-