Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

290 Die Römer. 
mal verwüstet wurde, die meisten Städte aber, wenn sie alle Wider- 
standsmittel erschöpft hatten, durch Vertrag übergingen und nicht ausge- 
raubt werden durften. Der Friede selbst ließ den Unterworfenen noch 
manche Ehre; die meisten erhielten italisches, latinisches oder Municipal= 
Recht, bekamen keine gebietenden Statthalter, und dienten im Felde in 
eigenen Legionen. Anders gestaltete sich dies in den großen auswärti- 
gen Kriegen. Die Römer bekamen es in Großgriechenland, noch mehr 
im eigentlichen Griechenland und Asien, zum Theil auch in Afrika mit 
ausgearteten, lururiösen Völkern zu thun, die sie leicht niederwarfen, bei 
denen sie nun aber vieles lernten, wovon sie früher gar nichts wußten. 
So war der Wein ein Genuß, der dem Mlebejer nicht oft zu Theil 
wurde (erschlug doch ein Senator sein Weib, weil es in seiner Abwesen- 
heit hinter den Wein gerathen war), in Griechenland und Asien aber 
gab es für die Soldaten eine Ueberfülle der köstlichsten Weine, und sie 
lernten dieselben trinken und schätzen. Die gewöhnliche plebejische Speise 
war ein Mehlbrei (puls, daher die italienische Polenta) und der Besieger 
der Samniter und des Pyrrhus, Kurius Dentatus, wurde von einer 
Gesandtschaft getroffen, als er mit eigener Hand Rüben für seine Küche 
reinigte; im Auslande aber erfuhren die Römer die Wunder der Koch- 
kunst, und ein sicilisches, griechisches oder gar asiatisches Mahl schmeckte 
anders als der nationale Mehlbrei! Die Völker Italiens lebten keusch, 
bei den Griechen und Asiaten war Ausschweifung jeder Art im Schwunge 
und entehrte nicht. Der Römer badete viel, wie alle krästigen Völker 
des Alterthums zu thun gewohnt waren, wollüstige Bäder mit ihren 
raffinierten Reizen sah und benutzte er zuerst im Morgenlande. Und 
mußte nicht auch die Religiosität der Römer einen Stoß erleiden, als sie 
in ihrer Einfalt mit dem frivolen, geistreichen Unglauben der hochgebil- 
deten Griechen zusammentrafen? 
Sonst baute der Plebejer sein kleines Gut mit eigener Hand, der 
Patricier aber belehnte seinen Klienten; die Sklaven waren nicht zahl- 
reich, nun aber waren deren eine Menge durch den griechischen und asia- 
tischen Feldzug in die Hände der Römer gekommen, und zum Theil wa- 
ren dies Köche, Schreiber, Toilettenkünstler, in der Bereitung der ver- 
schiedensten Genüsse ausgelernte Wichte, deren Künste von den vornehmen 
Römern nicht brach gelassen werden konnten. Wie einfach war sonst die 
römische Wohnung! An der vorderen Seite des Hauses befand sich eine 
Art Vorhaus (vestibulum); aus diesem trat man in den Hauptraum, 
einen Saal (atrium, penetralia), den Versammlungsort der Familie, 
dessen Mittelpunkt der heilige Herd einnahm, wo die Familie speiste. 
Ueber dem Herde, jedoch schräg gegen ihn gestellt, war eine Oeffnung 
im Dache gelassen, durch welche das Licht hereinfiel und der Herdrauch 
abzog. Die Larenbilder konnten es hier wohl aushalten, was wäre aber
	        
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