Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

Das Ackergesetz des Tiberius Gracchus. 295 
chus ging in den Senat, um mit demselben die nsthigen Maßregeln zur 
Sicherheit der Stadt zu berathen, allein der Senat hörte ihn gar nicht 
an. Er eilte in die Volksversammlung zurück und trug auf Absetzung 
des Oktavius an, weil er das ihm von dem Volke anvertraute Amt zum 
Nachtheile des Volkes mißbrauche. Am folgenden Tage wurde Okta- 
vius abgesetzt und dadurch die Verfassung durch Gracchus und das Volk 
gebrochen. Die neuen Ackergesetze gingen durch, denn die bürgerliche 
Landbevölkerung war weit und breit zur Abstimmung herbeigeeilt, und 
Gracchus selbst, sein Bruder und ein Appius Klaudius wurden in die 
Ausscheidungskommission ernannt. Grarcchus wagte noch einen weiteren 
Eingriff; der König Attalus III. von Pergamum war gestorben (133) 
und hatte in seinem Testamente die Römer zu Erben eingesetzt, wie es 
wenigstens die Römer auslegten. Da verlangte der Tribun, die könig- 
lichen Schätze sollen nicht dem Senate (dem Staatsadministrator) über- 
geben, sondern unter das Volk vertheilt werden, damit die Ansiedler, die 
sein Gesetz schuf, zum Anfange ihrer neuen Hauswirthschaft Unterstützung 
hätten. Die Zeit kam, wo Gracchus vom Tribunate abtreten mußte, 
wenn er nicht wieder gewählt wurde. Die neue Wahl führte zu hefti- 
gen Auftritten in der Volksversammlung; hier verbreitete sich die Nach- 
richt, die Gegenpartei, die auch versammelt war, habe im Sinne, die 
Wahl mit Gewalt zu stören, und jetzt ging es auf die anwesenden Geg- 
ner des Gracchus los. Als dies im Senate bekannt wurde, forderte 
Scipio Nasika den Konsul Mucius Skävola auf, er solle die Ordnung 
herstellen, d. b. an die Spitze der anderen Partei treten und nannte ihn 
einen Verräther, als sich der Konsul weigerte. Nasika selbst stellte sich 
an die Spitze seiner Partei und flürmte mit ihr auf das Kapitol, wo- 
bin sich Gracchus mit seinen Anhängern begeben hatte; Gracchus und 
300 mit ihm wurden von Scipio und den ihm folgenden Senatoren er- 
schlagen, fast ohne Gegenwehr, weil sich das Volk noch nicht getraute, 
gegen Senatoren die Hand zu erheben. 
So war (131) zum erstenmale geschehen, daß eine Partei die an- 
dere mit Gewalt angriff, ein Beispiel, dem viele nachfolgen sollten. 
Scipio Nasika ging nach Asien, wo er starb, denn in den Straßen 
Roms begegnete ihm das Volk mit Verwünschungen; der Senat aber 
ordnete die Ackervertheilung an, die indessen nur langsam vor sich ging. 
Dies lag in der Natur der Sache; das Volk aber schrieb es dem bösen 
Willen der Reichen zu und besonders dem Scipio Afrikanus, welcher bei 
der Botschaft von dem gewaltsamen Tode des Gracchus den homerischen 
Vers ausgerufen haben sollte: „Möge so jeder verderben, der Gleiches 
zu thun sich getrauet!“ Er wich dem Volkshafse aus Rom und wurde 
(129) todt im Bette gefunden; der Senat ordnete keine Untersuchung 
an, obwohl der Verdacht eines Mordes allgemein war.
	        
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