306 Die Kömer.
gaben in diesen furchtbaren Tagen ein schönes Beispiel der Treue. Auf
den Listen erschienen nach und nach 4700 Namen; im Ganzen sollen
100,000 Menschen getödtet worden sein. Die Güter der Ermordeten
wurden eingezogen und verkauft, ihre Kinder aller bürgerlichen Ehren
unfähig erklärt. Die Marianer unterlagen vollends; der junge Marius
brachte sich selbst um, als er Präneste nicht länger halten konnte, und
Sulla ließ 12,000 Einwohner niederhauen. In Afrika vertilgte der
junge Pompejus die Gegenpartei, wofür ihm Sulla den Beinamen Mag-
nus, einen Triumph und seine Tochter zum Weibe gab.
Sullas Diktatur und Gesetzgebung (82—79).
Dann ließ er sich zum Diktator machen und reformirte die römische
Staatsverfassung: 1) Die Gewalt der Tribunen führte er auf ihr ur-
sprüngliches Recht zurück und ließ ihnen nur das veto gegen Befehle
und Strafurtheile der Magistrate zum augenblicklichen aber nur vorläu-
sigen Schutze einzelner Bürger; sie durften keine Gesetzesvorschläge ohne
Genehmigung des Senats vor das Volk bringen und verloren das Recht
auf jedes andere höhere Staatsamt. Ebenso führte er die Tributkomitien
auf ihre ursprünglichen Rechte zurück. 2) Den Senat, welchen Marius
und er furchtbar gelichtet hatten, ergänzte er aus den Rittern, doch auch
aus gemeinen Soldaten und Freigelassenen auf 500 Mitglieder. 3) Er
reformierte das Kriminalrecht, setzte die Gerichtshöfe wieder aus Sena-
toren zusammen und gab 4) dem Senate das Recht, den Konsuln, Kon-
sularen rc. die Verwaltung der Provinzen und die Führung der Kriege
anzuweisen. Ebenso verordnete er, daß die Staatsämter nur in der ge-
setzlichen Aufeinanderfolge begleitet werden dürften und vor Ablauf von
10 Jahren sollte niemand dasselbe Amt wieder inne haben. Kein
Staatsbeamter sollte seine Provinz während seines Amtes verlassen und
der Zuwiderhandelnde als Feind des Staates erklärt werden. Seinen
Soldaten (120,000 Mann) vertheilte er die schönsten Ländereien in
Tuskien, Kampanien, Apulien und Lukanien und trieb die Eigenthümer
ins Elend; das war aus dem Bürgerrecht der Bundesgenossen und aus
der lex agraria der Volkstribunen geworden.
So wurde Italien und Rom ruhig; der Blutmensch nannte sich
den „Glücklichen“ und schrieb seine Lebensgeschichte. Im Jahr 79 legte
er die Diktatur freiwillig nieder und starb das folgende Jahr. Auf dem
Todbette rühmte er sich, daß kein Mensch seinen Feinden mehr Uebels
und seinen Freunden mehr Gutes gethan habe als er; unter allen Ge-
genrevolutionären, welche die Geschichte nennt, war er jedenfalls der
größte, denn er hat, so viel an ihm lag, die Gegenpartei vernichtet.