20 Die ältesten Völker bis zur Gründung der Persermonarchie.
Prüfungen bestehen, bevor sie fähig erklärt werden, denn sie müssen alle
nur möglichen Dinge wissen, welche den chinesischen Staatsdienst betreffen,
und die ganze Legion der Formeln innehaben, welche durch die einsilbige
Sprache der Chinesen und ihre unvollkommene Schrift (jedes Wort hat
sein Zeichen) noch schwerer zu studieren sind. Durch diese Regierungs-
form sind die Chinesen knechtisch, feige und lügnerisch geworden, und da
sie zugleich den Verkehr mit allen fremden Völkern sehr beschränkten (nur
Japan scheint vor Zeiten lebhafte Verbindung mit China unterhalten zu
haben) und ihnen ihr Ahnen= und Nationalstolz verbot, von den euro-
päischen Fremdlingen zu lernen, so sind sie in allen Künsten des Friedens
zurückgeblieben, obwohl sie die wichtigsten derselben vielleicht ein Jahr-
tausend früher als die Europäer kannten und, was Fleiß und Hand-
geschicklichkeit anbelangt, diese meistens übertreffen. Die Zucht und We-
berei der Baumwolle und Seide ist in China uralt, ebenso trefflicher
Acker= und Gartenbau, die Kanalisirung zur Schifffahrt und Bewässe-
rung, die Bereitung des Porzellans, schöner Lackwaaren, Farben, Tusche
u. s. w.;; die Chinesen haben die Buchdruckerkunst, Glockengießerei, Pulver
und Kanonen lange vor uns erfunden, aber in ihrer Unvollkommenheit
beibehalten, weil sie nichts von den fremden „Barbaren“ in ihr „himm-
lisches“ Reich zulassen wollten.
Das Christenthum in China; Versolgung. Neligiöser Verfall.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts war es einigen Mis-
sionären aus der Gesellschaft Jesu gelungen, trotz des nationalen Arg-
wohns und Stolzes, der sie empfing, festen Boden zu fassen, indem sie
durch ihre Wissenschaft und Kunfffertigkeit (zwei Deutsche, Schall und
Stumpf, zeichneten sich besonders aus) den Kaiser und die Mandarinen
gewannen, während das gemeine Volk die Lehren des Evangeliums mit
kaum gehoffter Neigung anhörte. So entstanden im Laufe des nächsten
Jahrhunderts und im Anfange des folgenden einige bundert christliche
Kirchen in China, und bereits zählte man die chinesischen Christen nach
Hunderttausenden, als die Stimmung des Hofes eine feindselige wurde,
woran theils die Gehässigkeit, mit welcher man die Jesuiten von Europa
aus auch in China angriff, Ursache war, theils das Mißtrauen, welches
die Eroberungen der Europäer in Indien erregten. Es entstand, wie
früher in Japan, eine Christenverfolgung, die Kirchen wurden niederge-
rissen, die Gläubigen getödtet oder hart bestraft, die christliche Religion
auf das strengste verboten. Nichtsdestoweniger erhielten sich gegen 200,000
Bekenner des Christenthums als Rest jener zahlreichen Bekehrungen durch
die jesuitischen Missionäre. Die alte Religion der Chinesen ist gänzlich
zerfallen. Der entartete Buddhaismus zählt die meisten Anhänger; der
Hof und die Vornehmen, heißt es, bekennen sich zur Lehre des Konfucius