Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

330 Das Reich der Cäsaren. 
Er übernahm auch die Konsulargewalt (potestas consularis.) 
auf Lebenszeit; dadurch bekam er das Recht, die Edikte des Senates zu 
erlassen; ohnedies war der Senat so gefällig gewesen, allen Verord- 
nungen des Cäsars Gesetzeskraft zuzuerkennen. Dieselbe konsularische 
Vollmacht gab ihm auch das Recht, die Stadt Rom auf den Militärfuß 
zu setzen oder in den Belagerungszustand zu erklären. 
Die lebenslängliche tribunicia potestas machte seine Person unver- 
letzlich, verlieh ihm in Civil= und Kriminalfällen das Schutzrecht über 
den Beklagten und damit das Recht, die Appellation in letzter Instanz 
anzunehmen; dieses Recht erstreckte sich über das ganze Reich (der Apo- 
stel Paulus appellierte an den Kaiser) und deßwegen wurden später die 
Tempel und Kapellen der Cäsare Asple. 
Als pootilerx maximus hatte er die Oberaufsicht über den ganzen 
Kultus und alle Priesterkellegien, ernannte die Vestalinen und verwahrte 
die sibpllinischen Bücher, das römische Staatsorakel. 
Außerdem ernannte der Imperator den praelecius urbi (Stadtgou- 
verneur) und praetorio (Befehlshaber der Stadtgarnison), hatte den 
fiscus (Civilliste) und verwaltete das aerarium militare (Kriegskasse). 
Der Senat. 
Dem Senate blieben dem Cäsar gegenüber jedenfalls so viele Rechte, 
als ihm früher die Tribunen oder das souveräne Volk gelassen hatten, 
mit dem Unterschiede freilich, daß ein so gut geschultes Kollegium gegen 
den vielköpsigen Souverän mehr versuchen und durchsetzen konnte, als 
gegen den Imperator. Früher waren die plebiscita für den Senat 
bindend gewesen, jetzt sanktionierte er zum voraus die Edikte des Im- 
perators, so daß der Senat zu einem Kollegium wurde, welches rathen 
konnte, wenn es angefragt wurde, und das der Imperatkor dekretieren 
ließ, wenn er etwas befehlen oder verweigern und doch nicht als der 
eigentliche Urheber erscheinen wollte. Das souveräne Volk hatte beson- 
ders in den letzten Zeiten der Republik (trotz der sullanischen Reformen) 
dem Senate sein Recht, Provinzen und Befehlshaberstellen zu ertheilen, 
vielmal entrissen; Augustus ließ ihm bestimmte Provinzen, vie er be- 
setzen durste. Die „praesides“ der senatorischen Provinzen waren sogar 
besser bezahlt als die der cäsarischen; nach der Besoldung (in Sestertien 
berechnet) zerfielen sie in die drei Klassen docenarüe, centenarü und 
sxagenarüe, mit 200,000, 100,000 und 60,000 Sestertien (1 Mill. 
Sest. —= 50,000 Thlr.). Alles Recht, über die Kriegsmacht zu verfü- 
gen, war auf den Imperator übergegangen, ebenso wurden der fiscus 
und das gerarium militare dem Senate unnahbar, und von seiner frü- 
heren Oberfinanzgewalt (das Volk hatte sie ebenfalls angegriffen, man 
denke an die attalische Erbschaft!) war ihm nur die Mitanssicht über
	        
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