Der Senat. Das Bolk und die Stadt Rom. 331
das gerarium, die Staatskasse, verblieben. Seine gerichtliche Macht
wurde durch Augustus erweitert, indem er ihm das Gericht über die
Senatoren und deren Familienglieder, sowie über Majestätsverbrechen
und der Erpressung angeklagte Statthalter übertrug; der Senat kam so-
gar in den ganz unerwünschten Fall, über Glieder der herrschenden Fa-
milie richten zu müssen. Das Kollegium der Senatoren, von Augustus
auf 600 Mitglieder festgesetzt, war übrigens auch darum noch von gro-
ßer Bedeutung, weil aus demselben in der Regek die höheren Aemter
besetzt wurden, und unter dem zweiten Kaiser wurde es zugleich Wahl-
kollegium. Augustus setzte den Census für einen Senatoren auf 1,200,000
Sestertien, den eines Ritters auf 400,000 Sestertien.
Das Volk und die Stadt Nom.
Unter Augustus hatte das Volk noch Komitien, aber nur für die
Wahlen der senatorischen Aemter; schon unter Tiberius verlor es auch
diesen letzten Schimmer seiner ehemaligen Souveränität. Dafür wurde
die plebs urbana (die gemeinen Stadtbürger) auf vielfache Weise ent-
schädigt; die öffentlichen Prozesse, Leichen, Leichenreden, Schauspiele,
Thierhatzen, Gladiatorenkämpfe, Feste u. s. w. gaben viel zu sehen, zu
hören und zu räsonnieren, und die Spenden, welche Augustus austheilte,
waren mehr werth, als diesenigen, um welche das souveräne Volk in
den letzten Zeiten der Republik seine Stimme verkauft hatte. Daß es
keine Steuer bezahlte, versteht sich wohl von selbst; was in der repu-
blikanischen Zeit nur ausnahmsweise geschehen war, Getreidevertheilun-
gen zu sehr niederem Preise oder geradezu umsonst, das wurde unter
Augustus zur Regel. An den Idus jeden Monats brachte der Plebejer
seine Marke (tessera frumentalis.), durch die er sich legitimierte, gab
sie ab (zugleich die Kontrole für die Beamten, welche mit der Ver-
theilung des Getreides beauftragt waren) und nahm dafür fünf Modii
Weizen in Empfang (der modius = 435 paris. Kubikzoll). Vielmal
tbeilte Augustus auch Oel, Salz oder Wein aus, und als das Volkso
keck war, Wein zu verlangen, antwortete er zwar, sein Schwiegersohn
habe nicht umsonst so gutes Wasser nach Rom geleitet, hatte aber doch
bald darauf ein Einsehen. Bei besonderen Anlässen theilte er sogar der
ganzen männlichen plebs urbana bis zum vierjährigen Knaben baares
Geld aus (Geldvertheilungen, sowie außerordentliche Vertheibung von
Getreide, Wein, Oel, Salz 2c. hießen congiaris)), was 250 Mill. Sestert.
kostete. Aus einzelnen Angaben berechnet man die plebs urbang auf
1,250,000 Seelen; die Köpfe des Senatoren= und Ritterstandes darf
man auf 10,000 schätzen, die Fremden auf 50,000, das Militär war
15,000 Mann Kark; die Sklaven der plebs orbana schlägt man auf
625,000 an, die anderen Sklaven auf 315,000, was für die Stadt