Nachblüte der römisch-griechischen Literatur. 383
des Daseins zu ertragen, während der Mensch sie abschütteln kann.
Eben so düster wird er, wenn er Gelegenheit nimmt einen Blick in die
römische Vergangenheit zu werfen; er zählt z. B. eine Menge Salben
auf und bemerkt, daß zur Zeit der Triumvirn ein versieckter Proskri-
birter durch Salbenduft seinen Schlupfwinkel verrathen habe; solche Leute
hätten solche Henker verdient, meint nun Plinius, der seinen römischen
Gram durch gelehrte Arbeit nicht zum Schweigen bringen kann.
Eigenthümlich stehen diesen Römern die Griechen gegenüber, die
unterdessen auch römische Bürger geworden sind, und zum Theil hohe
Würden begleitet haben. Während der Römer sein Schicksal nur mit
Mühe trägt und die Erinnerung an die republikanische Zeit seinen
Schmerz schärft, erzählt der gelehrte Mutarch (aus Chäronea, durch
Hadrians Freundschaft Statthalter von Griechenland) mit dem Behagen
des Schriftstellers, dem seine Arbeit gelingt und der durch die Ereignisse,
die er beschreibt, nicht berührt ist, die Lebensgeschichte großer Männer.
Er siellt je einen Griechen und einen Römer zusammen, z. B. Alerander
den Großen und Pompejus Magnusz; ihm ist also das Römerthum ebenso
sehr entschwunden als das alte Griechenthum, beide gehören der Ge-
schichte an und die Gegenwart mag sich an deren Großthaten erbauen
und zu guten Gesinnungen ermuntern. Aechte Römer ärgerten sich über
das Unterfangen der Griechen, ihre Nation und die römische mit gleichem
Maßstabe zu messen, als ob Griechenland nicht zuerst den Makedoniern
und dann mit diesen den Römern unterlegen wäre, während kein aus-
wärtiger Feind je gegen Rom etwas vermochte. Und diesen Griechen
sollten sie nun gleichgestellt oder gar untergeordnet werden! Zwei an-
dere Griechen, Dio Kassius, der es bis zum Konsulate brachte, und der
Alerandriner Appian behandeln die römische Geschichte, der eine in ihrem
ganzen Umfange, der andere die Bürgerkriege, durch welche die Re-
publik zu Grunde ging; sie sind beide unterrichtete Männer, aber man
sieht es ihnen wohl an, daß sie keine eigentlichen Römer sind, denn sie
zeigen beide nur das Interesse des Schriftstellers an seinem Gegenstande,
nicht das eines Römers, der an dem Erfolge so sehr betheiligt ist. Ein
anderer Grieche, Arrian, welcher als Staatsmann und Feldherr diente,
schrieb über das Kriegswesen und die Feldzüge Aleranders des Großen
und gilt als einer der besten militärischen Schriftsteller des Alterthums.
Er war ein Schüler des edlen Stoikers Epiktet und schildert seinen Mei-
ster ähnlich wie einst Kenophon den Sokrates; seinen Unterredungen mit
Epiktet, von denen wir aber nur vier Bücher haben, verdanken wir
hauptsächlich das, was wir von der Sittenlehre der stoischen Philo-
sophen wissen.
Ungemein groß war die Thätigkeit der Römer auf dem Gebiete
der Rechtskunde, doch treten die großen Schriftsteller dieses Kreises erst