Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

394 Das Reich der Caͤsaren. 
reich und genau gegliedert, so daß Konstantins Monarchie das vollkom- 
menste Muster eines Beamtenstaats war, wie vielleicht noch keiner mehr 
entstanden ist. Die Titulaturen waren größtentheils die bis auf unsere 
Zeit gebrauchten; es gab illustres, spectabiles, clarissimi, perfec- 
lisksimi, egregii u. s. w. 
Daß ein ungeheurer Steuerdruck auf der Bevölkerung des Reiches 
lastete, ist schon mebrmals gesagt worden; der Hof, die Armeen, die 
Beamtungen kosteten ungeheure Summen, während die Hilfsquellen mehr 
und mehr versiegten. Zu den alten Steuern kamen immer neue, und 
die Regierung eignete sich endlich noch das Monopol der Seiden= und 
Linnenmanufaktur an. Zum Behufe der Grundsteuer wurde alle fünf- 
zehn Jahre das Vermögen des Bürgers abgeschätzt und für diese ganze 
Periode festgesetzt (indictio); die Gewerbsteuer wurde alle vier Jahre 
revidiert. Durch den Steuerdruck und die Einfälle der Barbaren ver- 
armten Städte und Landvolk; letzteres wurde größtentheils zu unfreien 
Kolonen, weil es sein Eigenthum verkaufen mußte, das es fortan als 
Zinsbauer des Gutöherrn bearbeitete. Die Steuererhebung erfüllte jedes- 
mal das Rcich mit Wehklagen. In den Städten mußten die Dekurionen 
mit ihrem Vermögen für den Steuerbetrag haften, dafür wurden ihnen 
aber auch die gesammten Gemeindeämter eingehändigt, so daß unter der 
Despotie eine allgemeine Gemeindearistokratie aufkam. Jede bürger- 
liche Freiheit verschwand; nur die Kirche, dem Despotismus gegenüber 
die einzige selbständige Macht, behauptete auf ihrem Gebiete die ihrige. 
Konstantin rüstete sich zu einem großen Feldzuge gegen die Perser, 
als ihn (den 22. Mai 337) der Tod in Nikomedien überraschte; er 
war im 56sten Jahre seines Alters und hatte sich kurz vor seinem Ende 
noch taufen lassen. 
Konstantins Sähne (337—361). 
Deren waren drei: Konstantin, Konstans und Konstantius, unter 
welche der Bater das Reich getheilt hatte; der erste erhielt nämlich die 
Präfektur Gallien, der andere die von Italien und Illprikum, Konstan- 
tius den Orient. Bald geriethen die Brüder in Streit; Konstantin 
wollte dem Konstans Italien entreißen und verlor in der Schlacht bei 
Aquileja das Leben (340). Zu gleicher Zeit sielen die Franken ein, 
welchen Konstans Holland, Belgien und das nördliche Gallien überließ. 
Im Osten kämpfte Konstantius unglücklich gegen die Perser. Konstans 
wurde von dem Usurpator Magnentius umgebracht; über diesen aber 
erfocht das Heer des Konstantius einen großen Sieg bei Mursa, wäh- 
rend der Kaiser in einer Kapelle betete (352). 
Von dem Hause Konstantins des Gr. war nun außer Konstantius 
nur noch sein Neffe Julian übrig; diesen rief er zu sich, vermählte ihm
	        
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