Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

402 Das Reich der Cäsaren. 
lichkeit der Gäste blieb er ernst, nur dann erheiterten sich seine Züge, 
wenn man seinen Lieblingssohn Ellak vor ihn brachte. Er war der 
Schrecken der Völker; der Kaiser in Konstantinopel zahlte ihm einen 
ungeheuern Tribut und der stolze Barbar nannte ihn nicht anders als 
seinen Sklaven. Im Jahre 450 zog er mit 700,000 Mann aus; ihm 
folgten die Ostgothen, die Alanen und Gepiden; die deutschen Stämme, die 
ihm unterwegs aufstießen, mußten sich unterwerfen und mitziehen. 451 
ging das Heer über den Rhein; Mainz, Trier und viele andere Städte 
loderten in Flammen auf. Die Burgunder, 22,000 Mann unter ihrem 
König Guntahar, wagten dem Sturme zu widerstehen und wurden bis 
auf den letzten Mann erschlagen. 
Unterdessen hatte Astius, der letzte Römer, ein Heer zusammen- 
gebracht; mit demselben vereinigten sich die Westgothen unter ihrem Kö- 
nig Dietrich und ein Theil der Alanen unter Sangipan, ebenso burgun- 
dische und fränkische Schaaren. Auf den katalaunischen Feldern (Chälons 
sur Marne) begegneten sich die gewaltigen Heere zur Völkerschlacht; 
bier wurde entschieden, ob Europa zur Steppe werden sollte, zum Weide- 
platz der hunnischen Rosse, ob die Germanen in hunnische Barbarei zu- 
rückgeschleudert werden oder ob sich durch sie die christliche Bildung ent- 
falten sollte. Abtius stellte die Westgothen auf den linken Flügel, die 
andern Bundesgenossen und die Römer auf den rechten, die Alanen, 
denen man nicht recht traute, in die Mitte; Thorismund, Dietrichs 
Sohn, besetzte einen Hügel, der zwischen beiden Heeren lag. Ihnen 
gegenüber stellte Attila sich und die Hunnen in die Mitte, die Ostgothen 
zur Linken, die Gepiden zur Rechten. Seinen Hauptangriff richtete der 
Hunnenkönig gegen die Westgotben, diese hielten tapfer Stand; ihr Kö- 
nig Dietrich wurde von dem Ostgothen Andagis durchbohrt, aber sie 
fochten nur um so erbitterter. Die Schlacht dauerte bis gegen Abend. 
Christen und Heiden, Römer, Gothen und die vielnamigen deutschen und 
asiatischen Stämme erschlugen einander in nie gesehener Kampfwuth; 
160,000 Mann sollen geblieben, ein Bach vom Blute angeschwollen sein. 
Endlich drängten die Westgothen den Attila in seine Wagenburg zurück; 
dort ließ er die Nacht durch auf Hörnern und Trompeten blasen (ger- 
manischer Gebrauch, wenn die Schlacht am nächsten Morgen wieder be- 
ginnen sollte), um die Muthlosigkeit seiner Horden zu verbergen. Doch 
Astius griff ihn nicht weiter an, weil er durch den Untergang der Hun- 
nen nicht die Macht der Westgotben vergrößern wollte. 
Nun ging Attila über den Rhein zurück nach Ungarn, unternahm 
aber 452 einen Zug nach Italien, verwüstete die Lombardei und zer- 
störte die Gränzfeste Aquileja; nur reiche Geschenke und die eindring- 
lichen Worte des großen Papstes Leo I. (440—461) bewogen ihn zur 
Rückkehr. Das Jahr darauf (453) starb er nach einem Gelage; eine
	        
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