Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

Aegypten. 41 
losen, mischten deren Blut unter den Wein und tranken es einander zu. 
Die Perser siegten in der Schlacht bei Pelusium, obwohl sich Aegyptier 
und Griechen verzweifelt schlugen (noch Herodot fand das Schlachtfeld 
mit gebleichten Knochen überdeckt, und wollte die Schädel der gebliebenen 
Aegpptier an ihrer größeren Härte von den Verserschädeln unterscheiden), 
und nach zehn Tagen mußte sich auch Mempbis mit dem Könige ergeben. 
Psametich sah seinen Sohn mit den vornehmsten Jünglingen zum Tode 
führen und tödtete sich einige Zeit nachber selbst, als seine Absicht, Em- 
pörung zu stisten, dem Kambyses kund geworden. Aegppten wurde schreck- 
lich mißhandelt, blieb aber auch dafür eine stets zum Abfalle bereite Pro- 
vinz. Als solche bereiste es Herodot, und beschreibt Land und Volk, wie 
er es selbst angeschaut bat. Besohders verkehrte er mit Mitgliedern der 
Priesterkaste, welche durch die Verfolgungen des Kambyses so viel ge- 
litten hatte. 
Bürgerliche und religiöse Verfaffung des alten Acgypten. 
Die Priesterkaste besaß in der rein ägyptischen Zeit die meiste Ge- 
walt im Lande. Sie umgab den König, erzog die Königssöhne, war 
im Besitze der höchsten bürgerlichen Aemter und bezog ihr Einkommen 
aus den Tempelgütern sowie aus dem steuerfreien Familieneigenthum. 
Sie bewahrte die heiligen Bücher, ordnete Götterdienst und Feste, und 
that dem Könige und Volk den Götterwillen durch die Auslegung der 
Orakel kund, deren es in Aegypten unzählige gab. Daß die Priester 
zugleich im Alleinbesitze der Wissenschaft waren, ist weltbekannt. Ihnen 
folgte im Range die Kriegerkaste, deren größter Theil in Unterägypten 
angesiedelt war, weil dort beständig Gefahr von Asien her drohte. Dann 
folgte die Kaste der Gewerbtreibenden (Ackerbauer, Künstler, Handwer- 
ker), der Schiffer, der Rinderhirten und der als unrein geltenden Schwein- 
birten; unter Psametich I. kamen zu diesen sechs Klassen die Dolmetscher 
als siebente. Diese Kasten waren jedoch nicht so abgeschlossen wie die 
indischen, denn außer den Schweinhirten konnten sie Wechselheirathen 
eingehen; auf den Denkmälern werden öfters Priester als Militärbefehls- 
haber genannt, und aus dem Beispiele des Patriarchen Joseph ist er- 
sichtlich, daß der König auch einen ausländischen Sklaven zur höchsten 
Würde erheben konnte. Die Aegpptier waren ein ernstes, nüchternes, 
sehr reinliches und mäßiges Volkz nur bei ihrer großen Mäßigkeit, meint 
Herodot, sei es möglich, daß Aegypten so viele Menschen (man be- 
rechnet die damalige Einwohnerzahl Aegyptens auf 7 Millionen) und ein 
ägpptischer Familienvater so viele Kinder ernähren könne. 
Ihre Religion war Naturdienst; sie verehrten unter verschiedenen 
Namen Sonne, Mond, Sterne, die Erde, den Nil und als lebendige 
Sinnbilder der Sonne und der Gestirne Thiere und selbst Pfanzen; das
	        
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