Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

58 Die ältesten Völker bis zur Gründung der Persermonarchie. 
Jahre bekümmerten Herzen Trost geben und der Dankbarkeit und An- 
betung die Worte des Lobes leihen. Er gehört mit zu den Schöpfern 
des goldenen Zeitalters der hebräischen Literatur, wenn dieser Ausdruck 
von „dem Buche“ gebraucht werden darf, in welchem Moses die Erkennt- 
niß und die Gebote Gottes niedergelegt hat und das die ältesten Nach- 
richten über die Schicksale des Menschengeschlechts sowie der Patriarchen 
und ihrer Nachkommenschaft überliefert, welches Israels selbstverschuldetes 
Leiden erzählt und darin jedem Volke sein eigenes Schicksal in einem 
Spiegel vorhält, denn der Abfall von Gott wird der Strafe nie ent- 
gehen; in welchem endlich die Verheißungen für die ganze Zukunft des 
Menschengeschlechtes verkündet sind, die zum guten Theile erfüllt wurden 
und sich noch erfüllen werden. 
David hatte auf Zion seine Königsburg gebaut; er wollte gegen- 
über der Königswohnung für das Heiligthum ein Haus errichten, viel 
herrlicher als Zions Palast, damit das Volk sehe, daß ein erhabenerer 
Herrscher über Israel gebiete als der König. Doch es war nicht der 
Wille Jehovas, daß Davids Hand, die in so vielen Schlachten Blut ver- 
gossen, das Heiligthum errichte; Er tröstete den König aber mit der 
Verheißung, daß aus seinem Stamme der höchste der Könige hervorgehen 
werde, Dessen Reich nie enden soll. 
Was David durch den Tempelbau hatte zeigen wollen, nämlich daß 
über der Königsmacht die des Gesetzes, der Religion stehe, deren Gebote 
den König ebenso verpflichten wie den geringsten Mann aus dem Volke, 
das bewies er durch seine Anordnungen und Thaten. Er ehrte die 
Religion durch seine Theilnahme an dem Gottesdienst, dessen Herrlich- 
keit durch die königlichen Gaben aufgerichtet wurde, sowie durch die 
Huld, welche er den Dienern der Religion fortwährend angedeihen ließ. 
Auch an dem Gerichte, das in Jsrael wesentlich auf das Gesetz ge- 
gründet war, ließ er den Dienern des Gesetzes ihren Antheil. Der 
König selbst war der oberste Richter über alles Volk, die letzte Zuflucht 
der Rechtsuchenden aller Stände. Er bestellte Richter in allen Städten 
des Landes und schied 6000 Leviten aus, welche in streitigen Fällen 
als Kenner des Gesetzes die Entscheidung geben sollten; diese waren 
also die obersten Wächter des Rechtes (wie auch heidnische Völker manch- 
mal zu Priesterschaften oder Orakeln ihre Zuflucht nahmen oder doch 
den Priestern Einwirkung auf die Rechtspflege gaben, wie in späterer 
Zeit die christlichen Völker des Mittelalters durch die Diener der Kirche 
Rechtsfragen entscheiden ließen). Ein späterer König, wohl Davids 
würdigster Nachfolger, Josaphat, erneuerte die Einrichtung seines Ahn- 
herrn theilweise, was uns zugleich bezeugt, daß man in Jerael noch in 
schlimmen Zeiten Unparteilichkeit und Gesetzeskunde bei jenem priester- 
lichen Stande zu finden glaubte.
	        
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