Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

Die Lichtreligion des Zoroaster; das Zend-#vesta. 75 
selbst nur Böses wirkt. So stehen dem Chore der Lichtwesen des Or- 
muzd, den höheren Geistern in verschiedenen Abstufungen, eine Schaar 
böser Geister gegenüber, dem nützlichen Thiere das Raub= und Giftthier, 
der nährenden Pflanze das Giftkraut. Ormuzd schuf auch den Menschen, 
damit er für das Gute auf Erden wirke und gegen Ahriman und dessen 
Geister streite; allein viele Menschen begeben sich in den Dienst Ahri- 
mans ünd zerstören oder verhindern die Werke der Ormuzddiener. Ein 
solcher muß die nützliche Pflanze und das nützliche Thier schützen und 
pflegen, das Unkraut, die Giftpflanze, Gift= und Raubthiere ausrotten 
und noch mehr gegen die Menschen in Ahrimans Dienste streiten. Or- 
muzd selbst erscheint nicht auf der Erde, sondern sein Stellvertreter ist 
Mithras, der Schirmer und Rächer. Sonne und Feuer sind ebenfalls 
Ormuzvs göttliche Diener, auch Wasser und Erde sind heilige Elemente; 
von den Thieren sind Pferd, Hund, Hahn und Rind ausgezeichnete Ge- 
schöpfe Ormuzds. Ein Abbild der Sonne ist der König, daher gebührt 
diesem grenzenlose Ehrerbietung, wie es andererseits seine Pflicht ist, das 
Gute zu fördern, das Böse zu verhindern und zu vertilgen. Darum 
muß er auch dem Götterdienste entgegentreten, wo derselbe offenbar dem 
Ahriman und dessen Dienern gilt, und daher erklärt es sich, weßhalb 
Kambyses in Aegypten und später Kerres in Athen Tempel zerstörten. 
Mit dem Reiche des Königs, Ormuzds erstem Diener auf Erden, dehnt 
sich ebenso das Reich des Ormuzd aus, daher die Eroberungszüge, be- 
sonders gegen die rohen Skythen, für die Könige zu einer religiösen 
Pflicht gemacht werden konnten. Der König hatte beständig einen Rath 
von Magiern um sich, welche ihn an die Gesetze des Avesta erinnern, 
für ihn opfern und beten sollten; dieser priesterliche Rath (er erinnert an 
die Braminen, die Priester in Meros und Aegypten) scheint jedoch bei 
den Perserkönigen geringen Einfluß gehabt zu haben. Der Kampf des 
Guten und Bösen dauert nach dem Avesta nicht immer fort; es kommt 
die Zeit, wo Ahriman und die bösen Geister, überwunden und geläutert, 
sich zu dem Dienste des Guten bekehren. Am Ende aber geht die ganze 
Welt in Trümmer, Götter, Geister und Menschen hören auf, nur das 
Urwesen bleibt ewig und schafft eine neue Welt. 
Unstreitig steht die Lichtreligion viel höher als die meisten andern 
beidnischen; denn sie spornte den Menschen zum Kampfe gegen das Böse 
in der Natur und gegen die verderblichen Leidenschaften in seinem In- 
nern. Nach dem Gesetze sollten die persischen Herrscher Muster der Ge- 
rechtigkeit, Wahrhaftigkeit und Mäßigkeit sein, und darum wurden die 
Söhne der Eolen am Hofe erzogen, damit sie jene Tugenden lernen 
möchten. Die persischen Könige zerstörten die Städte nicht leicht, mei- 
stens nur bei wiederholter Empörung, und verheerten die angebauten 
Ländereien nicht;z sie selbst und Prinzen von Geblüte legten Wasserleitun-
	        
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