Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

86 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. 
Trojaner glaubten, daß ihre Feinde heimgekehrt seien und führten, um 
der Göttin einen Ehrendienst zu thun, das Roß und in demselben ihre 
gefährlichsten Feinde in die Stadt und überließen sich nach langen Jahren 
zum erstenmale wieder sorglos dem Schlafe. Allein bei nächtlicher Weile 
kehrte die hellenische Flotte wieder zurück, die Helden stiegen aus dem 
Rosse und öffneten ihren Brüdern die Thore der Stadt. Die Männer 
traf das Schwert des Siegers; Weiber und Kinder aber wurden in die 
Sklaverei abgeführt, die Stadt verbrannt und dem Erdboden gleich ge- 
macht. Doch waren in dem zehnjährigen Kriege auch die meisten Hel- 
den der Griechen umgekommen: Protesilaus und Palamedes, Patroklus 
und Achilleus, sein Freund und Rächer, Antilochus, der Sohn des grei- 
sen Nestor, von dessen Lippen die Rede süßer floß als Honig, Aias, des 
Telamon Sohn, der ein Thurm war in der Schlacht, der schnelle Aias, 
des Oileus Sohn u. s. w. Die Leiche eines gefallenen Helden ver- 
brannten die Freunde desselben auf einem großen Holzstoße, die Asche 
schloßen sie in Urnen ein und bargen diese in großen Grabhügeln, 
welche die Hände des ganzen Heeres aufschütteten; einige dieser Grab- 
hügel sieht der Seefahrer an der Küste, der unfern die unglückliche Stadt 
gelegen war. Auch die meisten der zurückkehrenden Helden erwartete ein 
trauriges Verhängniß. Den Heerführer Agamemnon von Mykene er- 
mordete sein treuloses Weib Klytämnestra mit ihrem Buhlen Aeghistus, 
der edle Diomedes mußte aus Argos entsliehen, und nur wenigen war 
es gegönnt auf dem väterlichen Erbe zu altern, hier in Wehmuth und 
Freude der überstandenen Kämpfe und gebliebenen Waffengenossen zu 
gedenken oder der Helden Streit und Untergang der horchenden Jugend 
zu erzählen. 
Homer. 
So lautet die Sage im Munde der Sänger; Geschichte aber gibt 
der Sänger nicht und wir wissen nicht einmal die Zeit des trojanischen 
Krieges genau zu bestimmen. Jedenfalls ist in der Sage das Andenken 
einer großen Unternehmung aufbewahrt, welche einst von Griechenland 
gegen Kleinasien ausging und die Uebersiedlung von Griechen aller 
Stämme auf jenen gesegneten Küsten vorbereitete. Es war die erste 
nationale That des Griechenvolkes und sie fand in Homer einen Sänger, 
an dessen Liedern sich die Nation bildete. Wandernde Sänger (Rhap- 
soden) zogen von Stadt zu Stadt und sangen dem horchenden Volke 
— Jünglingen, Männern und Greisen — von der Ahnen Heldenmuth 
und Todesverachtung, von besonnener Klugheit und weisem Rathe; von 
Freundesliebe und Freundestreue bis über das Grab hinaus; von der 
Ehrfurcht des waffenstolzen Jünglings vor dem Angesichte des Greisen; 
wie der Held den Fremdling gastlich an seinem Herde aufnimmt, die
	        
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