94 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
nicht verlassen konnte. Im folgenden Jahre zog er nach Italien und
vermochte dort noch weniger gegen die Parteien und Araber als in
Niederdeutschland gegen die Normannen, wurde 885 nach dem Tode der
westfränkischen Könige Ludwig III. und Karlmann von den Großen zu
Gondreville zum König erwählt und vereinigte somit alle Länder Karls
des Großen unter seinem Scepter. Allein er gewährte den Westfranken
so geringen Schutz, daß sich das Volk den tapferen Odo von Paris als
König gefallen ließ; Karl selbst übertrug diesem gleichsam die Statt-
halterschaft, wie er auch den König Boso von Burgund bestätigte. Er
selbst endete in Schmach und Elend; sein Neffe Arnulf, der sich schon
882 Bapern angeeignet hatte, stürzte den auch durch körperliches Leiden
hilflos gewordenen Oheim, indem er ihn auf dem Reichstag von Tribur
(zwischen Mainz und Darmstadt 11. November 887) absetzen ließ. Karl
zog sich auf das königliche Hofgut Neidingen an der obern Donau (in
Baden) zurück, starb aber daselbst schon im Januar 888 (wahrscheinlich
ermordet).
Arnul' (887—889).
Arnulf mußte den geistlichen und weltlichen Großen für ihre guten
Dienste gegen Karl den Dicken mit der Vergabung königlicher Güter
danken; die Könige, welche sich auf den Trümmern des karolingischen
Reichs ihre Throne errichteten, Odo von Paris, Rudolf von Hochbur-
zund, Ludwig von Arelate und Berengar, den Markgrafen von Friaul,
der mit Guido von Spoleto um die italienische Krone stritt, anerkannte
er in ihrer Würde, jedoch huldigten sie ihm als ihrem Oberherrn wenig-
stens durch einige Ceremonieen, und Arnulf, ein Karolinger von sehr
kräftigem, fast wildem Charakter, behielt sich vor, bei guter Gelegenheit
aus dem Scheine Ernst zu machen.
Arnulf bestegt die Normannen an der Dyle (891).
Er wollte sich 891 gegen den Mähren Swatopluk (Zwentibold)
kehren, als ein deutsches Heer, das er den von den Niederlanden herein-
brechenden Normannen entgegengestellt hatte, im Juni unweit Mastricht
aufgerieben wurde. Er bot jetzt die Alemannen und Rheinfranken auf,
indem er die Bayer gegen die Mähren zurückließ; die Alemannen ver-
ließen ihn aber quf dem Marsche (sie hingen an Bernhard, einem un-
ehelichen Sohne Karls des Dicken; erst nachdem jener umgekommen
war, zeigten sie sich gegen Arnulf fügsamer) und Arnulf mußte mit den
Rheinfranken und den Gefolgen seiner Freunde den Kampf wagen.
Er traf die Normannen unweit Löwen an der Dyle in einem ver-
schanzten und schon wegen des sumpfigen Bodens schwer zugänglichen
Lager. Sein Heer bestand aus Reitern, ein Beweis, wie der Heer-