Der Adel und das Ritterwesen. 221
endung durch Wolfram von Eschenbach im Heldengedichte, Walter von
der Vogelweide auf dem lyrischen und didaktischen Gebiete. Man nannte
die Dichter Minnesänger, „Sänger der Liebe"“ schon die alten Deutschen
zeichneten sich im Gegensatze zu den Griechen und Römern durch ihre
Hochachtung des weiblichen Geschlechtes aus, das Christenthum veredelte
das ganze Verhältniß der Geschlechter, die Marienverehrung gab der
Frauenverehrung überhaupt einen idealen, bimmlischen Schwung.
Schwache und Hilflose und somit vor allem Frauen zu ehren und zu
schützen hieß eine der ersten Pflichten des Rittertbums, den Frauen zu
huldigen, indem man in ihrem Auftrage und um ihres Beifalles willen
ritterliche Thaten ausführte, wurde zur Sitte (und früh genug zur Un-
sitte) der Zeit (Frauendienst). Die deutschen Minnesänger sangen aber
nicht bloß den Preis edler Frauen, sondern zugleich auch der Heiligen,
der Helden und des Vaterlandes; sie sangen von Frühlingslust und
Vogelschall, vom Waldesgrün und dem Blumenschmelz der Haide, und
es ist auffallend, wie diese Kriegsmänner einen so offenen Sinn für die
Schönheit der Natur hatten, während die klassischen Bölker von derselben
kaum berührt wurden. Hieher gehören außer Walter von der Vogel-
weide die Dichter Heinrich von Veldegg (die „Eneit“, Aeneis, um
1180), Wolfram von Eschenbach (um 1200; sein Epos „der Parcival“
ist ausgezeichnet durch Tiefsinn, Kraft und künstlerische Vollendung),
Hartmann von der Aue (ein Schwabe, machte den Kreuzzug Fried-
richs I. mit; Werke: der arme Heinrich, Erek, Jwein, Gregor auf dem
Stein), Konrad von Würzburg (um 1250; „der trojanische Krieg“ in
60,000 Versen), Gottfried von Straßburg (um 1215); bis auf den
letzten sind alle übrigen, und zu ihnen ließen sich noch gar viele Namen
anreihen (man kennt über 160), Edelleute, und der ritterliche, religiöse
Geist der Zeit durchdringt deren Dichtungen, aber auch schon jener
Geist, welcher unreine Liebesglut verherrlicht und nach der Emancipation
des Fleisches von allen göttlichen und menschlichen Geboten sich sehnt
(Gottfrieds von Straßburg Tristan und Isolde). In dieser Periode
lebte auch der Dichter des großen Epos der „Nibelungen“, dem die
altheidnische Heldensage (Siegfried der Drachentödter, König Gunther
zu Worms, Brunhilde und Chriemhilde, der grimmige Hagen, Dietrich
von Bern, Etzel der Hunnenkönig) zu Grunde liegt; es ist ein Nach-
klang des Geistes aus der Zeit des heidnischen Germanenthums und der
Stürme der Völkerwanderung, wo Rache, Kampflust und Beutegier
die deutschen Mannen in immer erneuerten Kampf treibt und der
Tod auf der Walstatt nach Walhalla führt. In den Nibelungen
geben die Helden einmal zur Kirche, aber um Streit anzufangen,
der Sterbende denkt weder an Himmel noch an Hölle, sondern freut
sich seiner Rache, der Trauer und des Wehklagens, das seine Hand