Die christliche Religion abgeschafft. Der neue Kalender. 305
gereicht worden, und sie hatte von der Rohheit der Jakobiner unendlich
viel zu leiden. Es konnte nicht Furcht sein, was den Berg zu ihrer
Ermordung trieb, sondern es war Mordlust und trotzige Wuth gegen die
verbündeten Monarchen. Niederträchtig war auch die Anklage, und sie
wurde von der Königin auf eine Weise zurückgewiesen, welche die Blut-
menschen beschämt hätte, wenn sie einer Regung der Scham fähig ge-
wesen wären. Ruhig hörte sie ihr Todesurtheil, ruhig ließ sie sich zum
Tode führen; ihre Haare waren ergraut, ihre Züge durch Gram ent-
stellt, ein Auge durch die Feuchtigkeit ihres Kerkers fast erblindet; der
Pöbel verhöhnte sie auf dem Todeswege nicht, obwohl es die Bergmänner
gewünscht hatten. Ihren Sohn übergaben sie einem jakobinischen Schuster,
der ihn zu Tode quälte, ihre Tochter, die spätere Herzogin von Angou-
leme, wurde einige Zeit nachher gegen die Deputierten ausgeweckselt,
welche Dumouriez den Oesterreichern überliefert hatte. Auch gegen die
königlichen Todten kehrte sich die Wuth; die Särge von mehr als 50
Königen wurden aus den Grüften von St. Denis gerissen und die Ge-
beine fertgeschleudert. Am 31. Oktober wurden 21 girondistische Depu-
tierte guillotiniert, unter ihnen Vergniaud, Brissot, Gensonné,
Dukos, Foufréde, Duchatel 2c.; auch Frau Roland mußte auf dem
Schafote sterben. Am 6. November blutete der Her zog von Orleans,
der schändlichste Mann in ganz Frankreich, der mit Danton gegen Lud-
wig XVI. sich verschworen und für den Tod seines Blutsverwandten ge-
stimmt hatte; er hatte dies mit den Worten gethan: „indem ich allein mei-
ner Pflicht folge, und jeder nach meiner Ueberzeugung ein Verräther ist,
welcher die Souveränität des Volkes antastet, stimme ich für den Tod
Ludwigs.“ Diesem hochgebornen Schauspieler der Revolution folgten
andere Opfer, welche die Parteiwuth jedes anderen Volkes geschont
hätte; der edle Malesherbes, Ludwigs XVI. ehemaliger Minister und
freiwilliger Vertheidiger vor den Schranken des Konvents, Bailly, der
Maire von Paris in den Tagen, wo gute Menschen noch an das Glück
der französischen Zukunft glaubten; „du zitterst, Bailly“, sprach ein Sans-
kolotte (Ohnehose, neuer republikanischer Ehrentitel) zu dem vor dem
Schafote harrenden Greis; „vor Kälte“, antwortete dieser. So mußten
auch die Dichter Chenier und Roucher sterben, selbst der große
Chemiker Lavoisier, dem die Wissenschaft so viel verdankte. Wie in
Paris arbeitete die Guillotine auch in anderen Städten, namentlich an
Deutschlands Gränzen, in Straßburg, wo Eulogius Schneider, ein
ehemaliger Mönch, die zum Tode Bestimmten vorerst höhnte, bis ihn
selbst die Schreckensmänner ächtfranzösischen Stamms unter das Messer
lieferten. Diese Blutmenschen wütheten aber nicht nur gegen das Leben
ihrer politischen Gegner, gegen Geistliche, Mönche und Nonnen, gegen
Reiche und Gebildete, gegen alle Menschen, die das Unglück hatten,
Bumäller, Neue Zeit. 6. Aufl. 20