Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

72 Drittes Kapitel 13. August 
hessische Infanterie. Die Sachsen standen ganz in der Nähe. Sie 
schickten ihre Marketender bis in die Nacht hinein zu meinem Bäcker, 
um Brot zu holen, an dem es infolge so ungewöhnlicher Ansprüche 
bald mangelte. 
Am Nachmittag brachten preußische Husaren in einem Wagen 
mehrere Gefangne ein, darunter einen schwarzbraunen Turko, der 
sein Feß mit einem Zivilhute vertauscht hatte. An einer andern 
Stelle der Stadt, in der Nähe des Rathauses, stießen wir auf einen 
lauten Zank. Ein Marketenderweib hatte einem Ladeninhaber, ich 
weiß nicht, was, wenn mir recht ist, etliche Hüte, gestohlen, die 
sie natürlich wieder herausgeben mußte. Man erfuhr nicht, zu 
welchem Troß sie gehörte. Unsre Leute bezahlten, soweit ich Zeuge 
war, was sie brauchten und verlangten, mit gutem Gelde. Mit— 
unter geschah sogar mehr. Graf Hatzfeldt erzählte: „Als ich mit 
Keudell durch eine Seitengasse ging, kam eine Frau auf uns zu, die 
sich weinend beklagte, daß Soldaten ihr die Kuh weggetrieben hätten. 
Keudell suchte sie zu trösten, er wolle sehen, ob er ihr die Kuh 
wiederschaffen könne, und als sie uns sagte, daß es Kürassiere 
gewesen seien, gingen wir, die zu suchen, wobei sie uns einen kleinen 
Jungen als Führer mitgab. Der brachte uns zuletzt aufs freie 
Feld hinaus, aber die Kürassiere und die Kuh konnte er uns nicht 
zeigen, und so kehrten wir unverrichteter Sache um. Keudell will 
ihr nun die Kuh bezahlen.“ 
Meine Wirtsleute waren sehr höflich und gutmütig. Sie 
räumten mir sogleich das beste ihrer Zimmer ein und trugen mir, 
obwohl ich sie bat, sich meinethalben nicht zu bemühen, ein reich— 
liches Frühstück mit Rotwein auf, dem nach französischer Sitte 
Kaffee in einer kleinen Bowle mit einem silbernen Speiselöffel, mit 
dem ich ihn trinken sollte, beigegeben war, und trotz meiner Wei— 
gerung mußte ich zulangen. Sie sprach nur gebrochen, er geläufig 
Deutsch, wenn auch nur das alemannische Patois und gelegentlich 
mit einem französischen Worte dazwischen. Nach den Heiligenbildern 
in ihren Stuben zu schließen, waren sie katholisch. 
Nachdem ich mein Diner in dem Gasthofe, wo die Räte Unter— 
kommen gefunden hatten, mit diesen und den andern eingenommen 
hatte und wieder zu meinen Bäckersleuten zurückgekehrt war, wurde 
mir die Freude zu teil, ihnen zum Dank für ihre Zuvorkommenheit
	        
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