Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

80 Drittes Kapitel 16. August 
um eine Stelle bei der Verwaltung der eroberten Landstriche ein— 
zunehmen, Platz gefunden. Die Reise ging über eine breite, etwas 
gewellte Ebene auf die Hügelkette am rechten Moselufer zu, in der 
sich der Kegel des Mousson mit seiner großen Ruine weithin aus— 
zeichnet. Auf vortrefflicher Chaussee passierten wir mehrere Dörfer 
mit stattlichen Mairien und Schulen. Auf dem Wege war wieder 
alles bunt von Soldaten, Infanterie, Detachements von hellblauen 
sächsischen Reitern, allerhand Wagen und Karren. Hier und da 
sah man auch kleine Lager. 
Endlich fuhren wir nach drei Uhr über den Berghang in das 
Moselthal hinab und nach Pont a Mousson hinein. Es ist eine 
Mittelstadt von etwa 8000 Einwohnern und streckt sich zu beiden 
Seiten des Flusses hin, hat eine schöne steinerne Brücke und 
auf dem rechten Ufer eine große alte Kirche. Wir überschritten die 
Brücke, kamen dann auf den größtenteils von Arkaden umgebnen 
Markt mit mehreren Gasthöfen und Cafes und dem alten Rathause, 
vor dem sächsisches Fußvolk auf Stroh lagerte, und bogen von 
hier in die Rue Saint Laurent ein, auf der der Minister mit Abeken, 
Keudell und Graf Bismarck-Bohlen in einem von rotblühenden 
Schlingpflanzen umrankten Schlößchen an der Ecke der Rue Rau- 
graf einquartiert war. 1 Sein unfreiwilliger Wirt war, wie man 
hörte, ein alter Herr, der sich mit Madame auf Reisen befand. 
Der Kanzler wohnte in Zimmern des ersten Stocks, die auf den 
kleinen hinter dem Hause befindlichen Garten hinaussahen. Im 
Erdgeschoß wurde das Büreau, ebenfalls in einem Hinterzimmer, 
installiert, und eine kleinere Stube gegenüber sollte als Eßsalon 
dienen. Der Landrat, ich, Sekretär Bölsing, Willisch und Saint 
Blanquart, der andre mobile Chiffreur, wurden ebenfalls auf der 
Rue Saint Laurent, etwa zehn Thüren weiter vom Markte ent- 
fernt, auf der andern Seite der Straße, wo sie an einem kleinen 
Platz endigt, in einem Hause untergebracht, das nur von fran- 
zösischen Damen und ihren Dienstmädchen bewohnt zu sein schien. 
Ich schlief mit Blanquart — oder, geben wir jedem wenigstens 
einmal seinen vollen Titel, Hofrat Saint Blanquart — in einem 
  
1 Vgl. Abeken S. 393, Pont a Mousson, Dienstag, den 16. August 1870, 
abends.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.