22. August Drittes Kapitel 97
sind nämlich immer abgezählt nach den Eingeladnen, und auf
jeden ist nur eins gerechnet.“ — War wohl, wie neulich ähnliches,
bestimmt, einem oder dem andern der Herren vom Hofe vertraulich
durch einen der Tischgenossen mitgeteilt zu werden.
Ferner kam die ungehörige, um nicht zu sagen, niederträchtige
Kriegführung der Rothosen wieder zur Sprache, und der Minister
erzählte, daß sie bei Mars la Tour einen unsrer Offiziere — es
soll Finkenstein gewesen sein —, der verwundet auf einem Stein
am Wege gesessen habe, umgebracht haben. Die einen behaupteten,
erschossen, andre erzählten — und das sei wohl richtiger —, ein
Arzt habe an der Leiche konstatiert, daß der betreffende Offizier
an einem Degenstich gestorben sei, woran der Chef die Bemerkung
knüpft, daß er, wenn es zu wählen gälte, lieber erstochen als er—
schossen sein wolle.
Er beklagte sich über die Fahrigkeit und Rücksichtslosigkeit
Abekens in der letzten Nacht, wo er ihn, der ohnedies nicht schlafen
gekonnt habe, durch Schreien, Hinundherlaufen und Thürenzuschlagen
verdrießlich gestört habe. „Er bildet sich ein, Sympathien mit
seinen angeheirateten Vettern zu haben, wie er sich überhaupt
allerlei einbildet.“ Hiermit waren die Grafen York gemeint, mit
denen unser Geheimrat durch seine vor etlichen Jahren erfolgte
Verheiratung mit einem Fräulein von Olfers entfernt verwandt
geworden ist. Einer der beiden Yorks ist bei Mars la Tour oder
Gravelotte verwundet worden, und der alte Herr fuhr jene Nacht
zu ihm hinaus.1
1 Abeken, der hier etwas hart angefaßt wird, hatte sich am 17. Mai 1866
mit Hedwig von Olfers vermählt. Er stand diesem Hause schon seit 1847 nahe,
dessen Haupt der Generaldirektor der königlichen Museen (seit 1839) Ignaz von
Olfers, ein westfälischer Landsmann Abekens, sein Haus zu einem Mittelpunkte
für Künstler und Schriftsteller machte (F. 1871). Ebenso war er seit etwa derselben
Zeit mit der Familie des Grafen Hans David Ludwig York von Wartenburg
auf Klein-Ols in Schlesien, dem einzigen überlebenden Sohne des Feldmarschalls,
eng befreundet und wurde von dessen Tode am 13. Juli 1858 sehr schmerzlich
berührt. Beide Familien Olfers und York, mit einander verwandt, wohnten nahe
bei einander in der Cantianstraße auf der Museumsinsel und standen im regsten
Verkehr. Abekens Gefühle für die York waren also jedenfalls sehr ehrlich. Den
Grafen Max York von den 3. Ulanen hatte er noch am 17. August gesund an-
getroffen, der am 18. August schwer verwundete war Graf Wolf VYork. Abeken
Busch, Tagebuchblätter 1 7